Schulabschluss, Ausbildung, Traumjob – schön wär‘s. So geradlinig und perfekt läuft es allerdings leider nicht bei allen. Daher kann es schon mal passieren, dass man mit 30 plötzlich feststellt, dass man eigentlich ganz etwas anderes machen möchte. Was nun? Immerhin sollte man mit 30 schon fest im Berufsleben stehen und einige Jahre Erfahrung in seiner Branche haben. Da kann man doch nicht plötzlich mit einer Ausbildung in einem völlig anderen Bereich beginnen – und das auch noch gemeinsam mit blutjungen Azubis.

Dabei ist der Gedanke gar nicht so abwegig, wie er zunächst erscheint. Immerhin hast du mit 30 noch einige Jahre bis zur Rente und solltest daher einen Beruf ausüben, der dir auch wirklich liegt und in dem du gut bist. Warum dann also nicht noch umschulen? Drei Jahre Ausbildung sind nichts im Vergleich zu der Anzahl an Jahren, die du noch arbeiten musst. Wir zeigen dir, warum sich ein beruflicher Neustart mit über 30 definitiv lohnen kann und wie dieser gelingt.

Warum den Job wechseln?

Du spielst also mit dem Gedanken, eine Ausbildung zu machen. Warum du erst jetzt daran denkst, kann unterschiedliche Gründe haben. Beispielsweise hast du …  

  • schon früh eine Familie gegründet und warst deshalb länger in Elternzeit. 
  • durch eine Krankheit keine Möglichkeit gehabt, dich früher ausbilden zu lassen.
  • das Falsche studiert.
  • Geldsorgen gehabt und musstest daher schnell einen Job finden, bei dem man nicht viele Vorkenntnisse braucht.
  • noch nie wirklich gewusst, in welche Richtung du beruflich gehen möchtest.
  • erst jetzt gemerkt, dass dein Job nichts für dich ist.

Eine berufliche Weiterentwicklung ist immer eine gute Idee – insbesondere dann, wenn man unzufrieden mit der aktuellen Situation ist. Tatsächlich steigt die Zahl der älteren Azubis jedes Jahr. Du bist also keine Ausnahme und hast eventuell bessere Chancen, als du denkst. Ja, dein Alter kann dir sogar Vorteile bringen. Immerhin besitzt du bereits Erfahrung und bist auch von deiner Persönlichkeit vermutlich schon deutlich reifer als die meisten anderen Azubis. 

Ausbildung mit 30 - stellenanzeigen.de - careeasy Karriemagazin
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Ausbildung mit über 30 – Das spricht dafür

Mit über 30 ist der Zug auf der Karrierebahn noch lange nicht abgefahren. Warum? Diese Punkte zeigen, weshalb es sich immer noch lohnt, eine Ausbildung zu machen:

  • Nach der Ausbildung wirst du vermutlich ein höheres Gehalt bekommen als jetzt, sofern du ungelernt bist.
  • Du erhöhst deine Chancen, nach einer Arbeitslosigkeit wieder einen Job zu finden.
  • Dir stehen viele Entwicklungs- und Weiterbildungschancen offen.
  • Deine Zukunftsperspektiven verbessern sich.
  • Du tust etwas, dass dir Spaß macht und in dem du gut bist.
  • Dir fällt die Ausbildung leichter, da du bereits selbstbewusster bist und mehr emotionale Reife besitzt als früher.

Wie finanziert man eine Ausbildung mit über 30?

Mit über 30 steht man meist schon lange auf eigenen Beinen und muss sich nicht wie in der Studentenzeit jeden Tag von Dosenravioli ernähren. Du bist einen gewissen Lebensstandard gewöhnt, weshalb es dir schwerfallen würde, diesen extrem runterzuschrauben. Eventuell ist das auch überhaupt nicht möglich. Vielleicht hast du Kinder, die versorgt werden müssen, ein eigenes Haus, das du noch abzahlst und ein Auto, das Benzin braucht. Da kannst du von heute auf morgen nicht alles umkrempeln.

Dennoch: Ein paar Abstriche wirst du wohl oder übel machen müssen. Aber keine Sorge, auch hier gibt es Lösungen. Beispielsweise kann man während einer Ausbildung auch mit 30 Berufsausbildungsbeihilfe beantragen, sofern dies deine erste Ausbildung ist. Bei einer schulischen Ausbildung steht dir Unterstützung in Form von Bafög allerdings generell nur zu, wenn du nicht älter als 30 bist. Auch Wohngeld oder ein Bildungskredit bzw. Bildungsgutschein wären unter Umständen eine Möglichkeit. Eventuell könntest du dich auch nach einer dualen Ausbildung umsehen, für die du vergütet wirst. Auch wenn das Gehalt relativ gering ist, ist es besser als nichts. Schulische Ausbildungen können dagegen sogar Gebühren kosten. 

Um die geeignete finanzielle Unterstützung für dich zu finden, sprichst du am besten mit einem Berater der Arbeitsagentur. Dieser berät dich individuell und findet mit dir gemeinsam eine Lösung. Auf Soziallleistungen wie Hartz IV hast du während der Ausbildung übrigens keinen Anspruch. 

Tipp: Mit vorhandener Berufserfahrung kannst du deine Ausbildung eventuell verkürzen und dadurch schneller besser verdienen.

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Welche Ausbildungen sind geeignet?

Im Grunde stehen dir alle Möglichkeiten offen, denn rein rechtlich darfst du aufgrund deines Alters nicht diskriminiert werden. Trotzdem wird dir der Einstieg vermutlich nicht überall einfach fallen, zudem gibt es Branchen, die jüngere Auszubildende bevorzugen, etwa im Bereich der  IT. Allerdings gibt es auch Ausbildungsplätze, die sich besonders gut für eine Umschulung eignen und in denen deine Chancen weitaus besser stehen, da hier händeringend nach Fachkräften gesucht wird. 

Zu diesen Berufen gehören:

  • Altenpfleger/in
  • Altenpflegehelfer/-in
  • Gleisbauer/in
  • Klempner/in
  • Gesundheits- und Krankenpfleger/-in
  • Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk
  • Gesundheits- und Krankenpflegehelfer/-in
  • Mechatroniker/in
  • Berufskraftfahrer/in
  • Hotelfachmann/-frau
  • Kraftfahrzeugmechatroniker/in
  • Pflegefachmann/frau
  • Erzieher/-in
  • Elektroniker/in in der Betriebstechnik
  • Elektroniker/in im Handwerk
  • Restaurantfachmann/-frau
  • Physiotherapeut/in
  • Kinderpfleger/-in
  • Medizinische/-r Fachangestellte/-r
  • Tiefbaufacharbeiter/in
  • Heilerziehungspfleger/-in
  • Fachmann/-frau in der Systemgastronomie
  • Schiffsmechaniker/in
  • Sozialversicherungsfachangestellte/-r
  • Anlagenmechaniker/in für Sanitärtechnik
  • Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r

Insbesondere im Bereich Pflege wirst du vermutlich mit offenen Armen aufgenommen. Hier hat dein Alter sogar einen entscheidenden Vorteil: Senioren bevorzugen meist Erwachsene als Pflegekräfte, da sie diesen mehr vertrauen und besser mit ihnen kommunizieren können. Zudem herrscht hier ein extremer Fachkräftemangel, weshalb dem Einstieg keine großen Hürden entgegenstehen. 

Auch in den sozialen Berufen könntest du gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben, ebenso wie in gewissen Bereichen der Technikbranche. Letztere Branche hat den Vorteil, dass sie meist sehr gut bezahlt wird. Dafür ist hier einiges an Fachwissen gefragt. 

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Tipps für die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz ab 30

Wie auch für junge Auszubildende sind deine Bewerbungsunterlagen enorm wichtig, um an eine gute Stelle zu kommen. Das heißt, dein Anschreiben und dein Lebenslauf müssen überzeugend sein und zum Unternehmen passen. 

Im Anschreiben solltest du bestenfalls auf folgende Punkte eingehen:

  • Auf deine bisherige Lebenserfahrung und warum das Unternehmen davon profitiert (z.B. vergangene Jobs, Elternzeit, Soft Skills …).
  • Auf Lücken im Lebenslauf und wieso diese entstanden sind.
  • Auf die Frage, warum du erst so spät eine Ausbildung anfangen möchtest.
  • Auf deine Motivation und warum dein Alter ein Vorteil ist (Disziplin, Ehrgeiz, …).

Es ist nicht schlimm, dass du aufgrund deiner Bewerbungsunterlagen herausstichst – eher im Gegenteil. Personaler sehen Dutzende von gleichen Bewerbungen, da könnte deine eine willkommene Abwechslung sein. 

Fazit

Es ist (fast) nie zu spät, um neue Wege zu gehen. Natürlich wird es anfangs vermutlich ungewohnt sein, wieder zur Schule zu gehen, zu büffeln und größtenteils junge Menschen als Kollegen zu haben. Und nicht immer lässt sich so eine Ausbildung mühelos mit dem Alltag vereinbaren – vor allem, wenn du Kinder hast. Dennoch lohnt es sich, sofern du es wirklich willst. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung erhöhst du deine Chancen auf dem Arbeitsmarkt und bekommst die Möglichkeit, das zu tun, was du wirklich tun willst. 

Des Weiteren muss dein Alter nicht unbedingt eine Hürde sein, sondern kann dem Arbeitgeber auch Vorteile bringen. So bist du mit deinen über 30 Jahren Lebenserfahrung eventuell sehr viel belastbarer und disziplinierter als andere Azubis. Wichtig ist, dass du deinen Mehrwert in deinen Bewerbungsunterlagen hervorhebst und dich gut verkaufst. Auch im Bewerbungsgespräch ist es wichtig, darauf einzugehen, was du im Laufe deines Lebens bereits alles gelernt hast und wie du dadurch einen Nutzen für die Firma bringen kannst. Vorab solltest du dich allerdings unbedingt um deine finanzielle Absicherung kümmern und einen Plan für die Zukunft haben, damit sich das Ganze auch lohnt. 

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