Sucht am Arbeitsplatz: Wie Arbeitgeber richtig reagieren
Es ist ein sensibles Thema, das Unternehmen keinesfalls ignorieren sollten: Sucht am Arbeitsplatz. Der abhängige Konsum von Alkohol, Medikamenten oder illegalen Drogen ist für die Betroffenen schlimm genug und kann unter Umständen ihren Arbeitsplatz gefährden. Er kann allerdings auch das Arbeitsklima erheblich beeinträchtigen und zu Risiken und Problemen führen, die auch ihre Kollegen und das Unternehmen als Ganzes betreffen.
Hier eine erste Orientierungshilfe, wie Sie als Arbeitgeber handeln und welche rechtlichen Aspekte Sie beachten sollten.⬇️
Inhalt
Für Sie entscheidend: Sucht kann ein sicheres Arbeitsumfeld gefährden
Die Suchterkrankung eines Arbeitnehmers können die gesamte Belegschaft, einen Arbeitsbereich oder ein Team im Unternehmen belasten. In den meisten Fällen sind ja die Kollegen die ersten, die mit Suchtproblemen eines Mitarbeiters konfrontiert werden. Die damit einhergehenden Belastungen und Spannungen können sich auf die Produktivität und die Sicherheit am Arbeitsplatz auswirken. Fehler, Unzuverlässigkeit, Krankheit und häufige Fehlzeiten von Betroffenen belasten die Zusammenarbeit und sorgen für schlechte Stimmung im Team.
Bei der Arbeit im Homeoffice ist ein mögliches Suchtproblem nicht immer so einfach zu erkennen: Eine Alkoholfahne kann hier ja niemand riechen, ein auffälliges Verhalten lässt sich besser und länger vor Kollegen und Vorgesetzten verbergen. Doch vor Ort im Unternehmen, im täglichen Miteinander, lässt es sich früher oder später nicht mehr so gut verbergen. Als Arbeitgeber haben Sie Fürsorgepflichten, Ihren Mitarbeitern jederzeit ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Denn der Gesundheitsschutz ist zentraler Bestandteil des Arbeitsschutzes in Deutschland. Dies umfasst auch die Verantwortung, sich um Drogenprobleme am Arbeitsplatz zu kümmern.
Die Verpflichtung ergibt sich aus verschiedenen Regelungen und Vorschriften: Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet Sie dazu, die Gesundheit und Sicherheit I++hrer Beschäftigten zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Prävention von Gefahren, die durch den Konsum von Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz entstehen können. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) gibt ebenfalls Vorschriften heraus, die den Umgang mit Suchtproblemen am Arbeitsplatz regeln und verpflichtend sind.
Sie sollten also sicherstellen, dass bei Bedarf die entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden. Dazu zählt eben auch die Prävention und der Umgang mit Drogenproblemen. Wenn ein Arbeitnehmer auffällig wird, sollten Sie reagieren, um Gefährdungen für den betroffenen Mitarbeiter und andere zu vermeiden.
Was bedeutet Sucht und welche typischen Formen gibt es?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klassifiziert Sucht nach ICD-10 als Krankheit, die durch ein zwanghaftes Verlangen nach einer Substanz oder nach einem Verhalten gekennzeichnet ist. Häufig geht sie mit einem Kontrollverlust über den Konsum oder das Verhalten einher – mit negativen Folgen im körperlichen, psychischen und sozialen Bereich. Diese Abhängigkeit ist ein Syndrom, das durch fortgesetzten Konsum trotz schädlicher Folgen und der Unfähigkeit, den Konsum zu reduzieren oder zu beenden, gekennzeichnet ist. Im Zusammenhang mit der Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen wie Alkohol, Medikamenten oder illegalen Drogen unterscheidet die WHO sechs Hauptmerkmale:
1. Ein starkes Verlangen oder Zwang, die Substanz zu konsumieren.
2. Verminderte Kontrolle über den Konsum der Substanz.
3. Körperliche Entzugssymptome bei Reduktion oder Absetzen der Substanz.
4. Toleranzentwicklung, das heißt, die Notwendigkeit, immer größere Mengen der Substanz zu konsumieren, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des Konsums der Substanz.
6. Anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen.
Sucht ist ein komplexes Phänomen, bei dem vielerlei Faktoren eine Rolle spielen können, unter anderem genetische, psychologische, soziale und auch Umweltfaktoren. Und es gibt natürlich vielerlei Formen von Sucht. Substanzabhängigkeiten und Verhaltenssüchte gehören zu den typischeren Suchtformen, die im Arbeitskontext häufig eine Rolle spielen können – mit möglichen Auswirkungen auf die Arbeitsumgebung und den wirtschaftlichen Erfolg:
Beispiele für Substanzabhängigkeit
- Alkoholabhängigkeit: Das zwanghafte Verlangen nach Alkohol beeinträchtigt die Kontrolle über den Konsum und führt auf Dauer zu gesundheitlichen und sozialen Problemen. Folgen von abhängigem Alkoholkonsum können Fehlverhalten, sinkende Produktivität, häufige Fehlzeiten, ein erhöhtes Unfallrisiko sowie die Beeinträchtigung der Arbeitsatmosphäre und des Teamgeistes sein.
- Drogenabhängigkeit: Dies kann Kokain, Heroin, Methamphetamin, Cannabis (Marihuana), verschreibungspflichtige Medikamente und andere Substanzen umfassen. Fehlverhalten, Leistungseinbußen, Konzentrationsprobleme, erhöhte Fehlzeiten, Sicherheitsrisiken, Beschaffungskriminalität sowie Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten können damit einhergehen.
- Medikamentenmissbrauch bzw. Arzneimittelsucht: Missbräuchlicher Konsum von rezeptfreien oder verschreibungspflichtigen Medikamenten, um Effekte wie Beruhigung oder Stimulation zu erreichen. Abhängigkeit von medizinischen Präparaten, die ursprünglich zur Behandlung von Krankheiten verschrieben wurden, aber aufgrund ihrer psychoaktiven Effekte missbraucht werden. Daraus resultieren ebenfalls oft eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, eine erhöhte Unfallgefahr, häufige Fehlzeiten, Konflikte und Vertrauensverlust im Team und bei Vorgesetzten.
- Nikotinabhängigkeit: Zwanghaftes Verlangen nach Nikotin, meist in Form von Zigaretten oder anderen Tabakprodukten. Die Folgen sind häufige Raucherpausen, die wiederum Ärger bei den nichtrauchenden Kollegen auslösen, mögliche gesundheitliche Probleme wie Atemwegserkrankungen, die zu Fehlzeiten führen können.
Beispiele für Verhaltenssüchte
- Spielsucht: Ein zwanghaftes Verlangen nach Glücksspielen kann sich negativ auf das Privat- und Berufsleben auswirken. Betroffene haben oft Konzentrationsprobleme, erhöhte Fehlzeiten und suchtbedingt auch finanzielle Sorgen, die ihre Arbeitsleistung beeinträchtigen.
- Internet- und Technologieabhängigkeit: Darunter fällt die exzessive Nutzung von Internet, sozialen Medien, Videospielen oder anderen digitalen Technologien mit negativen Konsequenzen. Betroffene sind bei der Arbeit abgelenkt, unkonzentriert und wenig produktiv. Dies führt häufig zu Konflikten mit Kollegen und Führungskräften wegen mangelnder Erreichbarkeit oder ineffizienter Arbeit.
- Arbeitssucht: Übermäßige Arbeit kann auch süchtig machen, oft auf Kosten der persönlichen Gesundheit, der sozialen Beziehungen und der Work-Life-Balance. Es droht das Risiko eines Burnouts, gefolgt von weiteren gesundheitlichen Problemen und Arbeitsausfällen. Ungleichgewichte in der Arbeitsbelastung können zu einer Verschlechterung der Teamdynamik führen.
Wie steht es mit dem legalen Konsum während der Arbeit?
Auch der Umgang mit legalen Drogen am Arbeitsplatz ist durch Gesetze (Arbeitsschutz, arbeitsrechtliche Bestimmungen und gegebenenfalls Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen geregelt. Alkohol zum Beispiel ist in unserer Gesellschaft weitgehend akzeptiert und sein Konsum ist oft mit sozialen Anlässen verbunden. Am Arbeitsplatz ist Alkoholkonsum grundsätzlich erlaubt, solange er die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt oder die Sicherheit gefährdet. Arbeitgeber können jedoch spezielle Richtlinien und Betriebsvereinbarungen aufstellen, die den Alkoholkonsum während der Arbeitszeit einschränken oder ganz verbieten, um die Produktivität und Sicherheit zu gewährleisten.
Rauchen wird über das Nichtraucherschutzgesetz geregelt, das ein generelles Rauchverbot in geschlossenen Räumen vorsieht. Viele Betriebe haben deshalb Raucherzonen im Freien eingerichtet. Maßnahmen wie Nichtraucherschutz sind im Rahmen der betrieblichen Prävention wichtig, um die Beschäftigten vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens zu schützen, wie es die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vorschreibt.
Bei Medikamenten sollten Beschäftigte ihren Arbeitgeber informieren, wenn diese die Arbeitsleistung beeinträchtigen könnten, selbst wenn die Einnahme bestimmungsgemäß erfolgt. Es gilt hier, eine Balance zwischen Privatsphäre und Arbeitssicherheit zu finden. Die regelmäßige Einnahme mancher Medikamente kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Insbesondere Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittel beeinträchtigen die Konzentrationsfähigkeit und können benommen oder müde machen. Ein bewusster Umgang und geeignete Maßnahmen sind daher unerlässlich.
Mit dem Cannabisgesetz, das zum 1. April 2024 in Kraft trat und den Konsum und Besitz von Cannabis in bestimmten Mengen regelt, gibt es wichtige Punkte, die Sie als Arbeitgeber im arbeitsrechtlichen Kontext beachten sollten: Sie können den Konsum von Cannabis wie von Alkohol oder anderen Drogen im Rahmen Ihres Weisungsrechts untersagen, beispielsweise in einer verschriftlichten Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung (BV/DV) oder per Dienstanweisung. Die Einführung des Verbots ist jedoch mitbestimmungspflichtig. Der Betriebsrat muss bei der Formulierung und Umsetzung entsprechender Regelungen einbezogen werden (Betriebsverfassungsgesetz BetrVG § 87,1 ,1).
Das Konsumverbot sollte auch für Pausenzeiten und für die Zeit vor und nach der Arbeit gelten, sofern sich der Arbeitnehmer noch auf dem Betriebsgelände, in Unternehmensräumen oder in betrieblichen Fahrzeugen aufhält. Sobald der betriebliche Kontext nicht mehr zutrifft, haben Sie keinen Einfluss mehr. Allerdings kann Ihr Mitarbeiter auch nicht zu Arbeitsbeginn berauscht am Arbeitsplatz erscheinen und damit arbeitsunfähig sein.
Illegale Drogen bei der Arbeit – immer ein No-go
Illegale Drogen am Arbeitsplatz stellen erhebliche Risikofaktoren dar, da sie die Sicherheit, die Produktivität und das allgemeine Wohlbefinden von Arbeitnehmern beeinträchtigen können. Der Konsum illegaler Substanzen während der Arbeitszeit kann nicht nur die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, sondern auch das Risiko von Unfällen, Schäden und Fehlern deutlich erhöhen. Abgesehen davon sind Arbeitnehmer natürlich auch verpflichtet, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen und das Gesetz nicht zu brechen.
Die Auswirkungen von Drogenmissbrauch am Arbeitsplatz sind vielfältig. Neben der Gefahr von Verletzungen oder Schäden durch verminderte Aufmerksamkeit und mangelnde Koordination kann der Konsum auch die zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz schwer belasten. Die Unberechenbarkeit des Verhaltens von Personen, die unter dem Einfluss illegaler Substanzen stehen, kann zu Spannungen im Team führen und die Zusammenarbeit beeinträchtigen.
Als Arbeitgeber sind Sie gefordert, klare Richtlinien und Maßnahmen zur Suchtprävention am Arbeitsplatz umzusetzen. Dazu gehören nicht nur die Aufklärung der Beschäftigten über die Risiken des Drogenkonsums, sondern auch regelmäßige Schulungen zur Früherkennung und Unterstützung bei möglichen Problemen. Die Förderung eines gesunden und sicheren Arbeitsumfelds erfordert eine proaktive Haltung gegenüber dem Risiko illegaler Drogen. Dies schützt nicht nur die Arbeitnehmer, sondern trägt auch zur Aufrechterhaltung einer effizienten und positiven Arbeitskultur bei.
Welche Anzeichen gibt es für eine Sucht bzw. eine Abhängigkeit?
Eine Sucht oder Abhängigkeit kann verschiedene Anzeichen haben. Diese müssen nicht unbedingt eindeutig darauf hindeuten, denn sie könnten durchaus auch andere Ursachen haben. Folgende Aspekte können jedoch erste Indizien sein:
- Verminderte Arbeitsleistung: Eine Abhängigkeit kann zu einer verminderten Arbeitsleistung führen. Dies kann sich in reduzierter Produktivität, häufigen Fehlern oder längeren Arbeitszeiten ohne entsprechende Leistung oder Ergebnisse äußern.
- Unregelmäßiges Erscheinen: Suchtkranke neigen dazu, unregelmäßig zur Arbeit zu erscheinen oder häufiger unentschuldigt zu fehlen. Dies kann auf die Auswirkungen der Sucht – wie Entzugserscheinungen oder ein Kater – zurückzuführen sein.
- Soziale Isolation: Betroffene neigen dazu, sich sozial zu isolieren. Sie ziehen sich von Kollegen zurück, vermeiden soziale Aktivitäten oder zeigen ein vermindertes Interesse an beruflichen Beziehungen.
- Verhaltensänderungen: Sucht kann zu auffälligen Verhaltensänderungen führen. Dazu gehören zum Beispiel Reizbarkeit, Aggressivität, Unzuverlässigkeit oder unerklärliche Stimmungsschwankungen.
- Finanzielle Probleme: Sucht kann finanzielle Auswirkungen haben, zum Beispiel durch übermäßige Ausgaben für den Suchtmittelkonsum. Betroffene können Schwierigkeiten haben, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, was sich auch auf ihre Arbeitsleistung auswirken kann.
- Häufung von Fehlern und Unfällen: Sucht kann die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen, was zu vermehrten Fehlern und möglicherweise zu Unfällen am Arbeitsplatz führen kann.
Wenn gleich mehrere dieser Indizien zusammenkommen, kann es für die betroffene Person ratsam sein, professionelle Hilfe oder Unterstützung in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall kommt Ihnen bzw. den Personalverantwortlichen im Unternehmen die Rolle zu, eine Intervention vorzubereiten.
Welche Faktoren können das Risiko am Arbeitsplatz erhöhen?
Im Arbeitsumfeld können verschiedene Faktoren das Risiko für eine Abhängigkeit erhöhen. Hohe Arbeitsbelastung und mangelnde Ausgleichsmöglichkeiten führen zu Stress, während übermäßiger Wettbewerb und hoher Druck in der Unternehmenskultur das Risiko weiter erhöhen. Eine leichte Verfügbarkeit und einfacher Zugang zu Suchtmitteln wie Alkohol und Nikotin erhöhen das Risiko des Konsums. Fehlende soziale Unterstützung aufgrund von Isolation, Mobbing oder Unwohlsein kann eine Suchterkrankung noch verstärken. Unzureichende Ressourcen, wie fehlende Programme zum Umgang mit Problemen, und ungünstige Arbeitszeiten, einschließlich Schichtarbeit und Überstunden, erhöhen das Risiko weiter.
Darüber hinaus kann auch ein mangelndes Bewusstsein bei Personalverantwortlichen und Beschäftigten im Unternehmen das Problem verschärfen, wenn es beispielsweise an Schulungen zu Suchtprävention und psychischer Gesundheit fehlt. Solche Faktoren erhöhen das Risiko für Suchtverhalten, sind aber nicht unbedingt die Auslöser. Als Arbeitgeber können Sie informierende und aktivierende Maßnahmen ergreifen, um alle Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren.
Sprechen Sie das Suchtproblem am Arbeitsplatz aktiv an
Bedenken Sie: Betroffene Mitarbeiter sind sich ihrer Suchtprobleme häufig gar nicht bewusst. Der Suchtmittelkonsum ist für sie eher eine Hilfe zur Lebensbewältigung. Der wichtigste Schritt ist daher, ihnen das Problem sensibel und rücksichtsvoll bewusst zu machen. Das gelingt dann, wenn der Leidensdruck einen kritischen Punkt überschreitet.
Sie sollten die mögliche Sucht in einem Vier-Augen-Gespräch fokussieren. Gute Vorbereitung und Ruhe sind die wichtigsten Voraussetzungen dafür. Es muss nicht lange dauern, doch ausreichend Zeit trägt zu einer entspannten Atmosphäre bei. Achten Sie auf folgende Grundhaltung: Fühlen Sie sich selbst gewappnet für einen Austausch, der mit Sicherheit nicht einfach wird? Was ist Ihr Ziel im Gespräch? Was sollte nach Möglichkeit nicht passieren? Bei Unsicherheit empfiehlt sich, vorab außenstehende Experten zu konsultieren, beispielsweise eine Beratung für Führungskräfte und Personalverantwortliche oder einen Anwalt für Arbeitsrecht. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. in Hamm bietet zudem unter Sucht-am-arbeitsplatz.de eine Informationsplattform für alle beteiligten Personen an der betrieblichen Suchtprävention und Suchthilfe. Informieren, beraten und unterstützen können auch die Landesstellen für Suchtfragen in den Bundesländern.
Gleichzeitig kommt es darauf an, in dieser Situation klar zu kommunizieren. Machen Sie der betroffenen Person deutlich, dass Sie ihr Verhalten am Arbeitsplatz nicht dulden können und weisen Sie sie auf mögliche Konsequenzen hin. Verweisen Sie sie außerdem auf betriebliche oder externe Hilfsangebote. Eine Option kann auch sein, dass Sie mehrere Gespräche zu diesem Thema im Zeitraum von einigen Wochen oder Monaten führen. Bleiben Sie konsequent und ergreifen Sie, wenn nötig, entsprechende Maßnahmen.
Sind Alkohol- und Drogentests am Arbeitsplatz zulässig?
Grundsätzlich sind Alkohol- und Drogentests nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Ein Test ist ein sensibles Thema: Er unterliegt strengen rechtlichen Rahmenbedingungen und darf nicht ohne weiteres angeordnet werden. Er darf beispielsweise nur dann durchgeführt werden, wenn der Arbeitnehmer eingewilligt hat bzw. wenn ein konkreter Verdacht auf Alkohol- oder Drogenkonsum besteht, der auf objektiven Tatsachen beruht und gut dokumentiert ist.
Ohne konkreten Verdacht sind auch routinemäßige Tests aller Beschäftigten unzulässig. Auch Blutproben durch den Werksarzt oder Röhrchen-Tests sind wegen des Rechts auf körperliche Unversehrtheit unzulässig. Falls ein Arbeitnehmer den Test verweigert, dürfen Sie als Arbeitgeber oder Führungskraft nicht allein aus diesem Grund Alkoholmissbrauch unterstellen.
Zudem ist auch ein Betriebsarzt an die Schweigepflicht gebunden, ein Verstoß wäre strafbar. Er darf das Ergebnis eines Tests dem Arbeitgeber nur dann mitteilen, wenn der Arbeitnehmer es ausdrücklich gestattet. Falls nicht, darf der Arzt lediglich Bericht darüber erstatten, ob die betroffene Person tauglich für die auszuübende Tätigkeit ist oder nicht. Genaue Umstände dürfen nicht diskutiert werden. Nur sehr spezielle Situationen entbinden den Betriebsarzt von seiner Schweigepflicht.
In sicherheitsrelevanten Berufsgruppen (Transportwesen, Maschinen-, Fahrzeug- oder Flugzeugbetrieb, Sicherheitsfirma etc.) können besondere Vorschriften für Alkohol- und Drogentests gelten. Generell ist es ratsam, im Zweifel rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen im Einklang mit den gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Bestimmungen stehen.
Entgeltfortzahlung und personalrechtliche Maßnahmen
Sollte ein Arbeitnehmer wegen seiner Sucht unfähig sein, seine Arbeitsleistung zu erbringen, hat er Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Das liegt daran, dass Suchtformen wie die Alkoholabhängigkeit nach ICD-10 anerkannte Krankheiten sind.
Das Gleiche trifft zu, falls ein Betroffener wieder rückfällig wird. Weil es nicht möglich ist, ein eigenes Verschulden des Beschäftigten auszuschließen, können Sie als Arbeitgeber das fehlende Verschulden jedoch bestreiten. Letztlich muss das Arbeitsgericht ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen und beurteilen, ob der Rückfall selbstverschuldet herbeigeführt wurde. Ist es nicht eindeutig feststellbar, spricht sich das Gericht zugunsten des Betroffenen aus.
Erscheinen Mitarbeiter lediglich einmalig betrunken zur Arbeit, ist das noch kein Kündigungsgrund. Bei Alkoholismus können Sie nur eine personenbedingte Kündigung und nicht etwa die verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Zweiteres wäre erst dann möglich, wenn die Trunksucht den Betriebsablauf regelmäßig stört. Personenbedingt kündigen können Sie vor allem, wenn folgende Punkte zutreffen:
- eine lange Arbeitsunfähigkeit oder häufige Kurzerkrankungen des Betroffenen
- die Dauer der Erkrankung für eine wahrscheinlich nicht absehbare Zeit
- eine negative Zukunftsprognose mit unzumutbaren betrieblichen Beeinträchtigungen
- der bereits negative Verlauf einer Heilmaßnahme.
Suchtprobleme am Arbeitsplatz berechtigen Sie nur dann zur Kündigung, wenn der Mitarbeiter bereits in der Vergangenheit für einen längeren Zeitraum gefehlt hat, seine Genesung unwahrscheinlich ist und Sie den Arbeitsplatz aus betrieblichen Gründen aber wieder besetzen müssen. Prüfen Sie vor einer Kündigung, ob vielleicht eine Heilmaßnahme wie eine Kur hilfreich für den betroffenen Mitarbeiter sein kann, um seinen Arbeitsplatz zu erhalten. Sollte er sich weigern, ist auch das noch keine Kündigungsrechtfertigung. Aus juristischer Sicht ist er wegen seiner Suchterkrankung nicht zu einer freien Entscheidung fähig.
Betriebliches Gesundheitsmanagement als Prävention
Tatsächlich haben Suchtprävention und Gesundheitsförderung inzwischen einen festen Platz im modernen Personalmanagement – und hier kann Ihnen das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) als struktureller Rahmen dienen. Angebote und Programme von Arbeitgeberseite können gezielt auch bei der Vorbeugung von Sucht am Arbeitsplatz ansetzen, indem sie präventive Maßnahmen mit regelmäßigen Gesundheitschecks, Schulungen und Beratungsangeboten kombinieren.
Mit effektiven Präventionsmaßnahmen können Sie dazu beitragen, die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter insgesamt zu fördern und das Betriebsklima nachhaltig zu verbessern. Für eine wirksame Umsetzung sollten Sie Maßnahmen zur Suchtprävention auch in einer Betriebsvereinbarung verankern. In dieser Vereinbarung wird der Umgang mit gefährdeten, auffälligen oder suchtkranken Mitarbeitern festgelegt und die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsrat geregelt.
Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
Um Sucht am Arbeitsplatz vorzubeugen, können Sie aktiv mit Ihrem Betriebsrat zusammenarbeiten. Dieser evaluiert – zum Beispiel im Rahmen des BGM – regelmäßig das Betriebsklima, um eventuell problematische Umstände im Arbeitsumfeld zu erkennen. Bestehenden Missständen können Sie dann mit entsprechenden Interventionen begegnen.
Der Betriebsrat kann seinerseits Vorschläge zur Beseitigung und Vorbeugung von Alkohol- und Drogenmissbrauch an Sie herantragen und mit Ihnen Verbesserungen vereinbaren. Es ist auch empfehlenswert, gemeinsam mit dem Betriebsrat und anderen Instanzen (Berufsgenossenschaft, Krankenkasse, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen) ein wirksames Suchtpräventionsprogramm zu entwickeln.
Fazit: Suchen Sie bei Suchtproblemen das Gespräch und bieten Sie Hilfe an
Wenn Sie in Ihrem Betrieb mit Suchtproblemen konfrontiert sind, suchen Sie zuerst das persönliche Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter. Kommunizieren Sie klare Konsequenzen, bieten Sie aber auch Hilfe und Unterstützung an.
Erst wenn die Suchterkrankung über einen längeren Zeitraum anhält, zu häufigen Fehlzeiten führt und eine Heilung nicht absehbar ist, sollten Sie eine Kündigung in Erwägung ziehen. Um dieses Problem gar nicht erst entstehen zu lassen, sollten Sie auf gezielte Suchtprävention am Arbeitsplatz und Gesundheitsförderung setzen. Die enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat kann dabei hilfreich sein.
Welche Maßnahmen zur Suchtprävention gibt es in Ihrem Unternehmen? Teilen Sie uns gerne Ihre Erfahrungen und Tipps in den Kommentaren mit. 💬
Häufig gestellte Fragen zu Sucht am Arbeitsplatz
Sprechen Sie den Mitarbeiter in einem vertraulichen und respektvollen Rahmen an. Bieten Sie Unterstützung an und verweisen Sie auf betriebliche oder externe Beratungsangebote. Es ist wichtig, das Thema sensibel und ohne Vorwürfe anzugehen.
Verstöße können von einer Abmahnung bis hin zur Kündigung reichen, abhängig von der Schwere des Verstoßes und der bisherigen Vorgeschichte des Mitarbeiters. Wichtig ist, dass alle Maßnahmen rechtlich abgesichert und dokumentiert sind.
Nein, routinemäßige Tests ohne konkreten Verdacht sind nicht zulässig. Tests dürfen nur durchgeführt werden, wenn der Arbeitnehmer eingewilligt hat oder wenn ein konkreter Verdacht auf Alkohol- oder Drogenkonsum besteht, der gut dokumentiert ist.
Das BGM kann durch regelmäßige Gesundheitschecks, Schulungen und Beratungsangebote präventiv wirken. Zudem können Betriebsvereinbarungen helfen, klare Regeln und Unterstützungsmöglichkeiten für suchtgefährdete Mitarbeiter zu etablieren.
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Bildquelle: „Glas Whiskey am Arbeitsplatz“ ©x-reflexnaja – istockphoto.com, „Kollegen beim Rauchen“ ©LuckyBusiness – istockphoto.com, „Mitarbeiterin verzweifelt im Personalgesrpäch“ ©KatarzynaBialasiewicz – istockphoto.com, „Schulung über Sucht“ ©Drazen Zigic – istockphoto.com
- Kategorie: Personalmanagement, Arbeitsrecht, Gesundheit
- 17. September 2024