Psychische Erkrankungen stellen in unserer Gesellschaft leider immer noch ein großes Tabuthema dar. Dennoch sind sie weit verbreitet und können das Leben von Betroffenen und ihren Angehörigen in verschiedenen Bereichen beeinträchtigen. Viele haben außerdem Angst davor, ihre Krankheit in einer Bewerbung offen zu legen. Sie befürchten, dadurch benachteiligt zu werden und den Job nicht zu bekommen. In diesem Artikel geben wir dir Tipps, wie du mit diesem Thema bei einer Bewerbung umgehen kannst.

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Darf ich meine Krankheit verschweigen?

Psychische Krankheiten können viele Gesichter haben. Vor allem Burnout und Depressionen können die Leistungsfähigkeit eines Menschen stark einschränken. Wenn aufgrund von Ausfällen dann eine Lücke im Lebenslauf klafft, kommt das beim potenziellen neuen Arbeitgeber erst einmal nicht so gut an. Bist du selbst in dieser Situation, fragst du dich vermutlich, ob du deine psychischen Probleme angeben sollst oder nicht. Prinzipiell hast du das Recht, deine Diagnose zu verschweigen. Und zwar sowohl dann, wenn du bereits bei einem Arbeitgeber beschäftigt bist als auch bei einem Bewerbungsgespräch. Der Personaler darf dir keine Fragen zu deiner gesundheitlichen Situation stellen.

Tipp der Redaktion: Verbotene Fragen im Vorstellungsgespräch: Was tun?

Mann mit Dämonen im Kopf
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Lediglich, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat, von deiner Erkrankung zu erfahren, ist er zu einer Nachfrage berechtigt. Dies ist dann der Fall, wenn du als Arbeitnehmer aufgrund deines gesundheitlichen Zustands nicht in der Lage bist, die erforderliche Arbeitsleistung zu erbringen. Der Arbeitnehmer oder Bewerber muss dann die Wahrheit sagen und seine Erkrankung preisgeben. Trifft dies jedoch nicht auf dich zu, darfst du rechtlich gesehen sogar lügen.

Ob du in deinem Bewerbungsschreiben also deine Krankheit angibst, bleibt dir überlassen. Um eine Lücke im Lebenslauf zu erklären, bietet es sich eventuell an, hier die Krankheit als Grund zu nennen. Allerdings musst du diese weder erklären noch genau erläutern. Die Angabe „Längere Krankheit“ sollte ausreichen. 

Kopf voller wirrer Gedanken
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5 Tipps für die Bewerbung

Hier sind 5 Tipps, die bei der Bewerbung um einen Job mit einer psychischen Erkrankung hilfreich sein können.

1. Kenne deine Rechte

Bevor du dich bewirbst, solltest du dich über deine Rechte im Zusammenhang mit deiner Erkrankung informieren. In Deutschland gibt es beispielsweise das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie das Behinderteneinstellungsgesetz (BEEG). Beide untersagen es Arbeitgebern, Menschen aufgrund einer (psychischen) Erkrankung zu diskriminieren oder zu benachteiligen. Hole dir im Zweifel Hilfe von einem Anwalt oder einer Organisation. Es gibt viele Organisationen, die Unterstützung bei der Bewerbung und dem Umgang mit psychischen Erkrankungen bieten.

2. Entscheide dich

Möchtest du dem Personaler deine Krankheit offenlegen, oder nicht? Wie bereits erwähnt, liegt die Entscheidung hier bei dir. Zwar gibt es mittlerweile auch Arbeitgeber, die erkannt haben, dass psychische Erkrankungen keine Seltenheit sind, und offen damit umgehen, allerdings sind gewisse Vorurteile immer noch allgegenwärtig. Muss der Personaler sich dann zwischen dir und einem anderen Bewerber entscheiden, ist die Chance hoch, dass der oder die andere gewählt wird. 

Solltest du es dennoch in deinem Bewerbungsschreiben oder beim Vorstellungsgespräch ansprechen wollen, raten einige Karriereexperten dazu, eine gewisse Sensibilität zu bewahren und nicht allzu viele Details preiszugeben. Vermutlich ist es auch nicht einfach für dich, über die Erkrankung zu sprechen. Wenn du direkt mit offenen Karten spielen willst, kannst du erwähnen, dass du unter einer psychischen Erkrankung leidest und dich in Behandlung befindest, du musst aber nicht darauf eingehen, um was für eine Krankheit es sich handelt. 

Entscheidest du dich dafür, deine Krankheit zu verschweigen, benötigst du eine plausible Erklärung, solltest du eine längere Lücke im Lebenslauf haben. Eine Möglichkeit wäre, sie mit einer Orientierungsphase zu begründen. Immerhin steht heute für viele Menschen das Thema Selbstfindung ganz weit oben und nicht wenige Menschen nehmen sich eine kurze Auszeit, um ihre Berufung zu finden. Allerdings ist diese Aussage nicht immer glaubwürdig, vor allem dann nicht, wenn du mehrere solche Lücken im Lebenslauf besitzt. Ist dies bei dir der Fall, kannst du stattdessen auf eine sehr vage Antwort ausweichen. Du kannst die Erkrankung thematisieren, musst aber nicht erklären, ob sie psychisch oder körperlich war. 

Mann ist von Arbeit erschöpft
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3. Stelle deine Fähigkeiten in den Vordergrund

Fokussiere dich in deinem Bewerbungsschreiben und im Vorstellungsgespräch auf deine Stärken, Talente und Fähigkeiten anstatt auf deine Krankheit. Erläutere, warum dich diese für die freie Stelle qualifizieren und welchen Mehrwert du bieten kannst. Solltest du deine psychische Erkrankung ansprechen, betone auch, dass du gelernt hast, mit diesen Problemen umzugehen und erkläre, inwiefern sie dich stärker gemacht haben. Des Weiteren solltest du betonen, dass du trotz deiner Erkrankung in der Lage bist, die Arbeit gewissenhaft zu erledigen. Zeige dem Personaler, dass du die Anforderung des Jobs erfüllst und eine Bereicherung für das Team wärst.

4. Überlaste dich nicht

Bevor du dich für einen Job bewirbst, solltest du dich unbedingt selbst fragen, ob du diese Tätigkeit mit deiner Erkrankung problemlos ausüben kannst. Eine Fremd- und / oder Eigengefährdung muss unbedingt auszuschließen sein. Nur, wenn du für den Job tatsächlich fit bist, darfst du deine Krankheit verschweigen. Solltest du einen psychischen Zusammenbruch hinter dir haben, ist es wichtig, dass du dir ausreichend Zeit nimmst, um dich zu erholen. Anderenfalls ist ein Rückfall sehr wahrscheinlich.

Gerade ein Neuanfang in einem Job bringt sehr viele Herausforderungen mit sich, denen du gewachsen sein musst. Suche dir also erst wieder einen Job, wenn du das Gefühl hast, deine Krise vollständig überwunden zu haben. Und mache dir unbedingt klar, was du von deinem neuen Job erwartest, was du nicht mehr tun möchtest und was dir sonst noch wichtig ist. 

Frau bei psychologischer Beratung
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5. Sei geduldig mit dir

Bewerbungen und Vorstellungsgespräche sind stressig, vor allem, wenn man zusätzlich mit einer psychischen Erkrankung zu kämpfen hat. Setz dich selbst nicht zu sehr unter Druck, denn das ist kontraproduktiv. Die Suche nach einem neuen Job kann manchmal etwas dauern – lass dich davon nicht entmutigen. Nimm dir ausreichend Zeit, deine Bewerbungsunterlagen vorzubereiten und darüber nachzudenken, ob und wie du deine Krankheit thematisieren möchtest.

Fazit

Zwar verbieten gesetzliche Schutzmaßnahmen den Arbeitgebern Bewerber, die an psychischen Erkrankungen leiden, zu diskriminieren, dennoch werden psychische Probleme immer noch häufig von Personalern verurteilt. Die Angst vor Ausfällen oder nur geringer Belastbarkeit führt dazu, dass Personaler sich häufig gegen die Betroffenen entscheiden. Ob du deine Erkrankung in deiner Bewerbung angibst, bleibt dir überlassen. Du bist dazu gesetzlich nicht verpflichtet. Informiere dich über deine Rechte und hole dir notfalls Hilfe von Organisationen, die Unterstützung bei der Bewerbung anbieten. 

Psychische Krankheiten sind allgegenwärtig und kein Grund, sich dafür zu schämen. Je mehr Betroffene sich öffnen und darüber sprechen, desto schneller kann mit den Stigmata gebrochen werden. Dies muss nicht unbedingt bei der Bewerbung geschehen, dennoch ist es wichtig, psychische Probleme nicht nur für sich zu behalten. Hole dir unbedingt Hilfe, wenn du sie benötigst. Das ist kein Zeichen von Schwäche – ganz im Gegenteil. 

 

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