Besser erstunken als erfroren? Wenn der Kollege ein extremer Frischluftfanatiker ist, du aber eine Frostbeule, fragst du dich bestimmt, welche Möglichkeiten es für dich gibt, dein Bedürfnis nach Wärme bei niedrigen Außentemperaturen zu befriedigen. Oder ist dein Arbeitgeber ein schwarzes Schaf und stellt dir kein ausreichend warmes Büro zur Verfügung? Hier findest du Inspirationen, wie du das Problem angehen kannst.

Die rechtlichen Grundlagen

Aus § 3 Abs. 1 ArbStättVO (Arbeitsstättenverordnung) lässt sich schlussfolgern, dass die Raumtemperatur im Büro für den Beschäftigten keine Gefahr darstellen darf. Konkreter wird es in den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten – Raumtemperatur“: Wer einer leichten Arbeit nachgeht, die im Sitzen ausgeübt wird – also einer typischen Büroarbeit –, für den greift die Regelung in ASR A3.5. Dort steht, dass die Mindesttemperatur bei 20 Grad Celsius liegen muss. Welche Temperatur ein Raum mindestens haben muss, hängt von der jeweiligen körperlichen Anstrengung bei der Arbeit ab: Bei gehenden Tätigkeiten liegt die Mindesttemperatur bereits geringer.

Für Frauen in der Schwangerschaft gelten jedoch andere Regeln: Laut § 11 Abs. 13 Ziffer 3 des Mutterschutzgesetzes dürfen schwangere Frauen keinerlei schädlichen Einwirkungen ausgesetzt werden wie etwa Kälte. Doch wie definiert sich Kälte? Von einer solchen ist in gesetzlichen Vorschriften bereits ab unter 15 Grad Celsius die Rede.

Während in großen Firmen häufig eine Klimaanlage für eine angenehme Raumtemperatur sorgt, können sich manche Mitarbeiter in kleineren Firmen mit dem Eindruck konfrontiert sehen, die Temperatur des Büros würde nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Allerdings misst unser Körper Temperaturen nicht so präzise wie ein Thermometer: Bestimmt hast auch du schon einmal beobachtet, dass unterschiedlichste Faktoren wie gesundheitliches Befinden, Hormonhaushalt, körperliche Statur oder Ausmaß der Nahrungsaufnahme an dem jeweiligen Tag das Wärmeempfinden ein und derselben Person beeinflussen.

Frieren Frauen schneller?

Wenn alle Menschen dieselben Wohlfühltemperaturen hätten, würde es in Büros nicht immer wieder Streit darum geben, wie lange das Fenster geöffnet bleibt. Denjenigen, die Frauen schon immer für kälteempfindlicher gehalten haben, wurde mittlerweile von wissenschaftlicher Seite zugestimmt: Biologen haben nämlich herausgefunden, dass Frauen eine höhere Außentemperatur benötigen, da sie bei gleicher körperlicher Anstrengung weniger Wärme produzieren. Ursache dafür ist eine bis zu 35 Prozent geringere Stoffwechselrate. So ist eine Temperatur von 25 Grad Celsius für Frauen optimal, während die Herren der Schöpfung eine Temperatur von 22 Grad Celsius als angenehm empfinden. Allerdings treffen die genannten „Wohlfühltemperaturen“ nicht auf alle Menschen zu: Jede Person hat ein individuelles Empfinden, was die Temperatur angeht.

Kälte im Büro – Fallbeispiele

Für das Entstehen von Kälte in Arbeitsräumen kann es verschiedene Ursachen geben, und Arbeitgeber können mit dem Problem auf unterschiedliche Weise verfahren, wie unsere Beispiele zeigen:

Beispiel 1: Frischluftfanatiker und Frostbeule im selben Büro

Buchhalterin Judith arbeitet in einer Unternehmensberatung. Ihr Kollege, der mit Judith im Zimmer sitzt, besteht auch im Winter darauf, dass das Fenster lange geöffnet bleibt. Angeblich würde er sonst Kopfschmerzen bekommen. Judith, die sogar im warmen Pulli noch etwas friert, weist jedoch darauf hin, dass sie zu Erkältungen neigt. Zwischen den Kollegen kommt keine Einigung zustande. Daraufhin bittet Judith ihren Vorgesetzten darum, ihr ein anderes Büro zu geben. Da diese Möglichkeit nicht zur Verfügung steht, schlägt der Vorgesetzte eine Lösung vor: Der Kollege darf den Raum einige Male am Tag stoßlüften, und Judith ist es gestattet, sich während dieser Zeit in der Kaffeeküche aufzuhalten.

Beispiel 2: Homeoffice bei Ausfallen der Heizung

Tina arbeitet in einem großen Verlag. Da dem Unternehmen bekannt ist, dass am Donnerstag die Heizung ausfallen wird, teilt die Personalabteilung allen Mitarbeitern am Mittwoch mit: „Liebe Mitarbeiter/innen, morgen steht allen Personen die Möglichkeit des Homeoffice zur Verfügung, da wir Ihnen keine beheizten Arbeitsräume bieten können.“

Extremfall: Der Arbeitgeber lässt die Heizung nicht reparieren

In der Stellenanzeige hat sich Firma V als besonders „familiär“ dargestellt. In Wahrheit jedoch herrscht in den Büroräumen des Einzelunternehmens mit zwei Beschäftigten zur Winterzeit Eiseskälte: Der Inhaber hielt es auch nach einer Woche noch nicht für notwendig, die defekte Heizung im Büro reparieren zu lassen. Als die Mitarbeiter nach einer Home-Office-Option fragen, verweigert der Chef diese. Beide Angestellte lieben ihre Arbeit und wollen nicht alleine aufgrund der Kälte kündigen. Doch die Mitarbeiter sehen auch nicht ein, aus eigener Tasche Heizmatten für etwas Wärme am Arbeitsplatz zu kaufen. Da der Inhaber trotz mehrfacher Aufforderung durch die Beschäftigten deren Bitte nicht nachkommt, die Heizung reparieren zu lassen, einigen sich beide, dass der Chef mit der schriftlichen Androhung eines Streiks unter Druck gesetzt werden muss.

Hinweis hierzu: Die Mitarbeiter haben den Arbeitgeber über die defekte Heizung informiert und sich damit korrekt verhalten. Für den Arbeitgeber besteht seinen Mitarbeitern gegenüber eine Fürsorgepflicht (§ 618 BGB). Nach der Arbeitsstättenverordnung sind seitens des Arbeitgebers in diesem Fall zunächst technische Maßnahmen zu ergreifen. So hätte der Chef dafür sorgen müssen, dass den Angestellten unmittelbar nach dem Hinweis auf den Ausfall der Heizung beispielsweise Heizmatten zur Verfügung gestellt werden, bis die Reparatur der Heizung erfolgt ist. Die Mitarbeiter können trotz dieser Situation nicht einfach zu Hause bleiben (Abmahngefahr), und aufgrund der kleinen Betriebsgröße kann auch kein Betriebsrat eingeschaltet werden. Die Androhung des Streiks bzw. allgemein das Zurückbehaltungsrecht der Arbeitsleistung ist in diesem extremen Fall gem. § 273 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, da der Arbeitgeber nicht auf die Hinweise reagiert hat. Eine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen ist das Einschalten eines Anwalts.

Kälte am Arbeitsplatz
Bildquelle: www.istockphoto.com / Valeriy_G

Fakten zum Argumentieren beider Seiten

Du liegst gerade mit deiner Kollegin im Heizungsclinch (siehe auch Konflikte im Büro lösen)? Zwar wissen wir nicht, wer von euch im Recht liegt, doch wollen wir euch die folgenden objektiven Argumente nicht vorenthalten:

Argumente für Frischluftfanatiker

  • Sauerstoffmangel (pures Allgemeinwissen): Menschen atmen Sauerstoff, und halten sie sich längere Zeit in einem Raum auf, nimmt der Sauerstoffgehalt in der Luft ab. Zudem verschlechtern elektrische Geräte wie Drucker, Computer oder Kopierer die Qualität der Luft. Aus diesen Gründen sollten Räume regelmäßig gelüftet werden.
  • Produkte für Frostbeulen: Die Industrie kennt die Probleme so mancher Büromenschen: Für Personen, die trotz angeschalteter Heizung frieren, gibt es folglich Produkte wie Schreibtischwärmer zu kaufen. Doch Vorsicht: Ist die Ursache für das Frieren (z. B. zu leichte Kleidung oder frischluftliebender Kollege) nicht erkennbar, sollte abgeklärt werden, ob der Arbeitnehmer nicht an einer Krankheit leidet:
  • Frieren als Krankheitssymptom: Die wohl bekanntesten Ursachen für extremes Frieren sind gesundheitliche Probleme wie ein Infekt oder Untergewicht. Doch auch andere Krankheiten können dazu führen, dass jemand sehr schnell friert: Genannt seien etwa Durchblutungs- oder Hormonstörungen (z. B. Schilddrüsenunterfunktion). Sogar eine Krebserkrankung kann dahinterstecken, wenn jemand dauert friert. In jedem Fall sollte der Grund von einem Arzt herausgefunden werden.
  • Das Zwiebelschalenprinzip: Schon Kindergartenkinder kennen diesen Trick: Wer dem Kleidungsprinzip der Zwiebelschalen folgt, bekleidet sich zur kalten Jahreszeit mit mehreren Schichten von Klamotten, trägt also beispielsweise einen Pulli über dem T-Shirt und über dem Pulli eine Winterjacke. Das Phänomen, das dabei auftritt: Zwischen den einzelnen Schichten wird mehr wärmeisolierende Luft gespeichert, als wenn man wenigere Schichten dickerer Kleidung trägt. Mit diesem Kleidungsstil ist eine unkomplizierte Anpassung an unterschiedliche Raumtemperaturen möglich.

Argumente für Frostbeulen

  • Wie Erkältungen entstehen: Kälte schwächt das Immunsystem. Ist dieses geschwächt, ist man anfälliger für Erkältungsviren (vor allem Rhinoviren, RS-Viren und Coronaviren), sodass es leichter zu einem grippalen Infekt kommt (siehe auch Gesundheit im Beruf).
  • Richtig lüften: Stundenlanges Kippen des Fensters bei laufender Heizung? Ein No-Go! Weitaus effizienter ist Stoßlüften: Einige Male am Tag wird das Fenster wenige Minuten lang weit geöffnet. Im Idealfall verfügt das Büro über zwei Fenster, die einander gegenüber liegen. Öffnet man beide, sorgt man auf diese Weise für einen höchsteffizienten Austausch der Luft in diesem Raum.
  • Messen der Raumtemperatur: Wenn du deinem Chef gern beweisen willst, dass der Arbeitsraum zu kalt ist, dann solltest du die Zimmertemperatur mit einem möglichst genauen Thermometer messen. Gehe dazu in die Mitte des Raumes und halte das Thermometer in einer Höhe von ca. 1 m über dem Boden.

Fazit

Die meisten Arbeitgeber sind sowohl daran interessiert, dass Büroräume regelmäßig gelüftet werden, als auch daran, dass die vorgeschriebenen Mindesttemperaturen eingehalten werden. Der Sauerstoffgehalt der Luft sollte nämlich zum einen ausreichend hoch sein, sodass sich alle Arbeitnehmer optimal konzentrieren können. Doch sollte es zum anderen am Arbeitsplatz auch nicht derart kalt sein, dass das Immunsystem der Mitarbeiter geschwächt wird und daraufhin so mancher Beschäftigter krankheitsbedingt ausfällt.

Dicke Kleidung, viel heißer Tee, Schreibtischwärmer – und trotzdem ist dir kalt, weil dein Kollege dauernd lüftet? Sollten die Bedürfnisse anderer Mitarbeiter extrem von deinen abweichen, musst du in jedem Fall nachfragen, ob eine räumliche Trennung möglich ist. Vielleicht ist das für dich auch eine gute Chance, einen Homeoffice-Arbeitsplatz zu ergattern?

Quellen:

Technische Regeln für Arbeitsstätten: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ASR/pdf/ASR-A3-5.pdf?__blob=publicationFile

Pflichten des Arbeitgebers bei Kälte im Büro: https://www.experto.de/unternehmen/ist-es-in-ihrem-buero-zu-kalt-welche-pflichten-haben-arbeitgeber.html

Aktuelle Jobangebote




Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.