Mindesttemperatur im Büro: Wie viel Grad sind zumutbar?
Die einen sind permanent am Frieren, die anderen stören sich an der „stickigen Heizungsluft“ und dem „viel zu heißen Büro”. Im Streit unter Kollegen fallen Sätze wie „Dann ziehen Sie eben mehr an“ oder „Seien Sie nicht so empfindlich“.
Im Winter gibt es oftmals Streit unter den Mitarbeitenden, wie warm es im Büro sein soll bzw. wie hoch die Mindesttemperatur sein sollte.
Keine Frage, dieser Konflikt kann die Arbeitsatmosphäre erheblich beeinträchtigen. Und er ist ein Dauerbrenner, denn jedes Jahr zum Winteranfang kehrt er pünktlich wieder.
Doch er vergiftet nicht nur die Arbeitsatmosphäre. Stimmt die Mindesttemperatur im Büro tatsächlich nicht, so hat das ganz reale Folgen.
Dazu gehören Konzentrationsschwierigkeiten, rasche Ermüdung und Erschöpfung. Diese Folgen beeinträchtigen sowohl die Arbeitsleistung als auch die Gesundheit der Betroffenen.
Kann man diesen Konflikt ein für alle Mal beenden? Gibt es Richtlinien zur Mindesttemperatur im Büro oder ist es letztlich Chefsache, wie weit die Heizung aufgedreht werden darf oder muss?
Erfahren Sie es jetzt im Beitrag. ⬇️
Inhalt
Energiesparen: Neue Mindesttemperatur seit September 2022
Energiesparen lautet die neue Devise: Seit 1. September 2022 dürfen Büros in öffentlichen Einrichtungen nur noch bis maximal 19 Grad Celsius beheizt werden.
Laut Energiesparverordnung ist diese Maßnahme zunächst befristet bis Februar 2023.
Niedrigere Mindesttemperaturen in öffentlichen Einrichtungen
An den Arbeitsstätten in öffentlichen Einrichtungen sind jetzt niedrigere Mindesttemperaturen einzuhalten.
Die neue Energiesparverordnung besagt, dass die in der Arbeitsstättenverordnung geregelten Mindesttemperaturen übergangsweise um 1 Grad Celsius gesenkt werden müssen.
Bei den neuen Grenzwerten wird nach Schwere der körperlichen Betätigung unterschieden:
- Leichte körperliche Tätigkeit (überwiegend im Sitzen): 19 Grad Celsius
- Leichte körperliche Tätigkeit (hauptsächlich stehend oder gehend): 18 Grad Celsius
- Mittelschwere Tätigkeit (überwiegend im Sitzen): 18 Grad Celsius
- Mittelschwere Tätigkeit (vorwiegend stehend oder gehend) 16 Grad Celsius
Die neuen Mindesttemperaturen sind verpflichtend für alle öffentlichen Arbeitgeber. Laut Energiesparverordnung ist es der Privatwirtschaft allerdings freigestellt, mit niedrigeren Temperaturen zu heizen.
Gesetzliche Vorschriften zur Mindesttemperatur im Büro (Vor September 2022)
Zunächst gibt das BGB einen Anhaltspunkt zum Schutz am Arbeitsplatz. In § 618 BGB Absatz 1 heißt es dazu:
Pflicht zu Schutzmaßnahmen
„(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.“
Eine klare Regelung ist hier jedoch nicht zu finden. Sehr viel konkreter wird die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) mit der zusätzlichen Arbeitsstättenregel ASR A3.5 „Raumtemperatur“. Die ASR A3.5 kann als Handlungshilfe für die Arbeitsstättenverordnung angesehen werden.
Ihr Ziel besteht darin, gesundheitsschädliche Kälte- oder Hitzebelastungen der Mitarbeitenden zu vermeiden. Somit geht es nicht nur um die Mindesttemperatur im Büro, sondern auch um Höchsttemperaturen im Sommer.
Die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 im Detail
Die Vorschriften der ASR A3.5 sollen sicherstellen, dass die Regulierung der Raumtemperatur zu hohe oder zu niedrige Temperaturen sowie zu trockene oder feuchte Luft vermeidet.
Außerdem soll die ASR A3.5 eine ungünstige Verteilung der Temperatur innerhalb der Räume unterbinden. Dadurch sollen bereits im Vorfeld ungünstige klimatische Bedingungen vermieden werden.
Arbeitgeber unterliegen der Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter und tragen die Verantwortung dafür, dass die Richtlinien umgesetzt werden.
Sind sie nicht in der Lage, die Handlungsanweisungen wie vorgegeben umzusetzen oder entscheiden sie sich für eine andere Lösung, so müssen im Ergebnis mindestens die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der ASR A3.5 gewährleistet sein.
Die Mindesttemperatur im Büro sowie an Arbeitsplätzen insgesamt wird durch ein Stufenmodell vorgegeben:
20 Grad Celsius:
Bei sitzenden Tätigkeiten ohne körperlichen Einsatz, etwa bei Büroarbeit. Gelegentliches Aufstehen und Gehen sind inbegriffen.
19 Grad Celsius:
Bei leichten (stehenden oder gehenden) Tätigkeiten sowie bei mittelschweren sitzenden Arbeiten. Dazu gehört beispielsweise die Tätigkeit an einer Werkbank.
17 Grad Celsius:
Bei mittelschweren stehenden oder gehenden Tätigkeiten.
12 Grad Celsius:
Bei schweren (stehende oder gehende) Arbeiten. Dazu gehört etwa das Heben und Tragen von Lasten.
Es wird deutlich, dass die Raumtemperatur umso kühler sein darf, je schwerer die Tätigkeit ist, die im Raum ausgeführt wird. Das liegt daran, dass bei körperlich anstrengenden Arbeiten Eigenwärme produziert wird.
Diese eigene Wärmeerzeugung ist Teil der Wärmebilanz der Mitarbeitenden. Zur Wärmebilanz gehören zudem verschiedene Umgebungsfaktoren.
Was bei der hier besprochenen Mindesttemperatur im Büro weniger relevant ist, doch ebenfalls zur ASR A3.5 gehört: Die Kleidung der Mitarbeitenden muss mitberücksichtigt werden.
Wer Schutzkleidung trägt, hat ein anderes Temperaturempfinden als Mitarbeitende, die normale Alltagsbekleidung tragen. Die Raumtemperatur muss jeweils so angepasst werden, dass ein den Umständen angemessenes angenehmes Raumklima gewährleistet ist.
Auch die Dauer eines Arbeitseinsatzes spielt eine Rolle: So ist ein kurzer Aufenthalt in einem überdurchschnittlich heißen oder kalten Raum vertretbar, der Aufenthalt über Stunden hinweg jedoch nicht.
Die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 „Raumtemperatur“ gilt in Arbeitsräumen wie Büros, Pausen– und Kantinenräumen, Sanitär- und Bereitschaftsräumen sowie in Erste-Hilfe-Räumen.
Räume, für die keine Mindest- oder Höchsttemperaturen eingehalten werden können (zum Beispiel Bäder oder Kühlräume) werden nicht aufgeführt.
Auch für spezielle Kälte- oder Hitzearbeitsplätze gibt es keine Vorschriften, sondern nur Hinweise.
Was tun, wenn die Mindesttemperatur nicht erreicht wird?
Kann die Mindesttemperatur im Büro nicht erreicht werden, so drohen Gefährdungen der Mitarbeitenden wie Ermüdung und Erschöpfung, verminderte Aufmerksamkeit und eine dadurch bedingte Erhöhung der Unfallgefahr bzw. im Büro eine erhöhte Anfälligkeit für Fehlleistungen.
Aufgrund Ihrer Fürsorgepflicht als Arbeitgeber sind Sie angehalten, eine gesundheitsfördernde Temperatur rasch (wieder-)herzustellen. Geeignete Maßnahmen sieht die TOP-Regel vor:
T = Technische Maßnahmen ergreifen, etwa durch Wärmematten oder zusätzliche Heizgeräte
O= Organisatorische Maßnahmen ergreifen, etwa durch Aufwärmzeiten vor Betriebsbeginn
P= Persönliche Maßnahmen, etwa durch angepasste Kleidung oder warme Schuhe
Wie wird die Raumtemperatur in Büros gemessen?
Da das Wärmeempfinden der Menschen unterschiedlich ist, interpretieren die Einzelnen die vorherrschende Temperatur unterschiedlich. Was dem einen zu kalt ist, empfindet der andere schon als überhitzt.
Die vorgeschriebenen Werte sorgen für eine klare Linie. Nicht das persönliche Empfinden, sondern das Thermometer kann die beste Klarheit schaffen, ob die Mindesttemperatur im Büro erreicht ist.
Das Thermometer soll strahlungsgeschützt sein und eine Messgenauigkeit von +/- 0,5 Grad Celsius aufweisen. Im Büro mit üblicherweise sitzender Tätigkeit wird die Temperatur in einer Höhe von 60 Zentimetern Abstand zum Boden gemessen.
Bei stehender Arbeit gilt eine Distanz von 110 Zentimetern. Als Vergleichswert sollten Sie zusätzlich die Außentemperatur messen, und zwar in einer Höhe von zwei Metern, in einer Entfernung von vier Metern zum Gebäude sowie in Schattenlage.
Die Temperatur kann stündlich gemessen werden – insbesondere, wenn es Beschwerden zur Raumtemperatur aus dem Kreis der Mitarbeitenden gibt. Gegebenenfalls sollten anschließend die TOP-Maßnahmen eingeleitet werden.
Eine klare Vorschrift zum Zeitraum zwischen den einzelnen Messungen gibt es seitens der ASR A3.5 jedoch nicht.
Wichtig ist, dass Verantwortliche bei Änderungen der betrieblichen Umstände wie einem Umbau, einer Veränderung der Arbeitsabläufe oder der Anschaffung von Arbeitsmitteln eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Generell ist eine jährliche Prüfung der Raumtemperatur empfehlenswert.
Meist genügt hier die Temperaturmessung, es sei denn, dass andere Kriterien auffällig sind. Dann müssen auch Faktoren wie beispielsweise die Luftfeuchtigkeit analysiert werden.
Weitere Klimafaktoren im Büro
Außer der Lufttemperatur spielen weitere Kriterien bei der Beurteilung des Klimas eine Rolle. Im Wesentlichen sind das die Luftfeuchtigkeit, die Luftgeschwindigkeit sowie die Wärmestrahlung.
Die Luftfeuchtigkeit sollte zwischen 50 und 65 Prozent liegen. Sie wird mit einem Hygrometer gemessen. Ist die Luft trockener als vorgegeben, drohen gesundheitliche Probleme.
Trockene Schleimhäute beispielsweise begünstigen Viren das Andocken, ein trockener Hals kann zu Reizhusten führen und trockene Augen zu einer Bindehautentzündung. Bei zu trockener Luft schaffen Luftbefeuchter oder auch Wasserspiele (Springbrunnen) sowie Pflanzen Abhilfe.
Ein dauerhafter Luftzug im Büro ist unangenehm. Oft entsteht er durch gekippte Fenster. Doch bei Fenstern in Kippstellung findet kein umfassender Luftaustausch statt. Stattdessen sollten Sie regelmäßig eine Stoßlüftung vornehmen, am besten durch das Öffnen einander gegenüberliegender Fenster.
Die Wärmestrahlung beeinflusst die Raumtemperatur durch die Wärmeabgabe elektrischer Geräte. Deshalb ist es ratsam, nach der Anschaffung neuer Arbeitsmittel eine Temperaturkontrolle durchzuführen. Womöglich diente der alte Kopierer als Wärmespender, was beim neuen nicht mehr der Fall ist.
Wird es im Sommer sehr heiß in den Büroräumen, können Arbeitgeber z. B. Abhilfe durch die Bereitstellung von Wasserspendern schaffen.
Was tun, wenn es trotzdem Streit um die Mindesttemperatur im Büro gibt?
Wenn Sie sich als Arbeitgeber an die ASR A3.5 halten und dafür sorgen, dass die Mindesttemperatur gewährleistet ist, erfüllen Sie damit Ihre Fürsorgepflicht.
Es kann hilfreich sein, den Mitarbeitenden die Vorschrift zu erläutern und zu kommunizieren, dass es sich sowohl um eine gesundheitserhaltende Maßnahme und um eine Richtlinie, die bereits einen Kompromiss darstellt, handelt.
Bei akuten Beschwerden, es sei zu kalt, sorgt eine Temperaturmessung für Klarheit. Anschließend sollten, je nach Ergebnis, die TOP-Maßnahmen durchgeführt werden.
Entspricht die Raumtemperatur jedoch den Vorgaben, können Sie besonders „verfrorenen“ Mitarbeitenden auch das Tragen wärmerer Kleidung empfehlen, denn eine Erhöhung der Temperatur ohne objektiven Anlass würde bei anderen Kollegen wiederum zu Missmut führen.
Fazit: Gesetzliche Regelungen im Blick behalten
Arbeitnehmer haben ein unterschiedliches Kälte- und Wärmebedürfnis. Während einige Mitarbeiter über eine stickige Luft klagen, finden andere die Raumtemperatur im Büro zu niedrig.
Allerdings gibt es eine Mindesttemperatur in Büroräumen einzuhalten, die Sie als Arbeitgeber stets im Blick behalten sollten.
Dabei hilft zum Beispiel das BGB und die Arbeitsstättenregel, die die Raumtemperatur im Büro durch ein Stufenmodell regelt.
Messen Sie regelmäßig die Temperatur und sorgen Sie für eine angemessene Luftfeuchtigkeit – nur so stellen sie alle Mitarbeiter zufrieden. 😊
Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit der Temperaturregelung in Ihren Büroraumen sammeln können? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar. ✍️
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Bildquelle: „Kälte im Büro“ ©shironosov – istockphoto.com; „Frau bedient Temperaturregler“ ©RossHelen – istockphoto.com; „Frieren im Büro“ ©ABC Network – giphy.com
- Kategorie: Personalmanagement, Arbeitsrecht, Gesundheit
- 30. November 2022