
Was versteht das Arbeitsgesetz unter flexible Arbeitszeit?
Was ist zunächst flexible Arbeitszeit im allgemeinen Verständnis? Diese Frage kann sehr eng oder sehr weit gefasst werden. Unter flexible Arbeitszeit verstehen wir im engen Sinn, eine von der normalen Arbeitszeit hinsichtlich Lage und Dauer abweichende Arbeitszeit. Weiter kann man den Begriff auf unterschiedliche Arbeitszeiten beziehen: Tages-, Wochen- oder Monatsarbeitszeit.
Wer ist der Initiator der Flexibilität? Für Arbeitgeber kann flexible Arbeitszeit Schichtarbeit oder die Verteilung der Arbeitszeit auf Werktage und Wochenenden sein. Der Arbeitnehmer*in kann unter flexibler Arbeitszeit selbst initiierte Mehrarbeit und anschließend einen freien Tag in einem Gleitzeitmodell sehen.
Lebensarbeitszeitkonten in Frühruhestandsmodellen können ebenfalls als flexible Arbeitszeitmodelle verstanden werden. So viele verschiedene Sichtweisen eines Begriffes veranlassen uns in den Arbeitsgesetzen nach diesem Begriff zu suchen.
Flexible Arbeitszeit im Verständnis von Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber
Der Begriff flexible Arbeitszeit wird von Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen häufig nur hinsichtlich Gleitzeitmodellen benutzt. Der Mitarbeiter*in leistet freiwillige Überarbeit, also über die vereinbarte, normale Arbeitszeit pro Tag oder pro Woche hinausgehende Arbeit und baut so ein positives Arbeitszeitkonto auf.
Nachdem auf dem Gleitzeitkonto ein Betrag zusammengekommen ist, der einem Arbeitstag entspricht, kann der Mitarbeiter*in sich einen freien Tag von dem Konto nehmen. Der bzw. die Mitarbeitende kann auch zum Ausgleich an anderen Tagen früher gehen. Grundsätzlich kann der Mitarbeiter*in auch in einem gewissen Rahmen zum Beispiel morgens später kommen und abends später gehen. Den Rahmen gibt dabei eine Regelung zur Kernarbeitszeit vor.
Kernarbeitszeit ist die Arbeitszeit, zu der im Betrieb bestimmt wurde, dass alle Mitarbeiter*innen im Betrieb sein müssen, sofern sie nicht aus Krankheit oder Urlaub fehlen. Solche Modelle nennen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen Gleitzeitmodelle. Diese Form der flexiblen Arbeitszeit findet sich nicht im Arbeitsgesetz, sondern in Betriebsvereinbarungen oder Haustarifverträgen.

Flexible Arbeitszeit im Arbeitsgesetz
Der Begriff oder die Idee der flexiblen Arbeitszeit ist in unseren Arbeitsgesetzen kaum vorhanden. Die Arbeitsgesetze fördern flexible Arbeitszeitformen, indem sie den zeitlichen Rahmen vorgeben, in dem Arbeit organisiert werden soll und legen ansonsten die Gestaltung der flexiblen Arbeitszeit in die Hände der Tarifparteien oder der Unternehmen.
Man darf deshalb die Arbeitsgesetze nicht als angestaubt bezeichnen, weil sie etwas nicht regeln, sondern den Rahmen vorgeben. Das ist klassische Ordnungspolitik. Wenn wir uns vorstellen, dass in den Arbeitszeitgesetzen genau die flexible Arbeit geregelt wäre, dann könnten wir in unseren Unternehmen die Arbeitszeiten nicht mehr so individuell anpassen, wie wir das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen wünschen.
Arbeitszeitgesetz
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) spricht vom Zweck in §1 Nr. 1: „Zweck des Gesetzes ist es, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer … bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern…“.
Schon am Anfang des Gesetzes wird also darauf hingewiesen, dass durch das Gesetz flexible Arbeitszeiten unterstützt werden sollen. Das Gesetz will dabei nur Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten schaffen. Diese wichtigen Rahmenbedingungen sieht das Arbeitszeitgesetz in maximalen Arbeitszeiten, Ruhepausen und Ruhezeiten, Verbot von Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie in Regelungen für Nacht- und Schichtarbeit. Weiter legt das Arbeitszeitgesetz abweichende Regelungen fest für bestimmte Branchen oder besondere Situationen in den Betrieben.
Betriebsverfassungsgesetz
Im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt der Gesetzgeber in §87 Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich des Rahmens der flexiblen Arbeitszeit hat:
- 87 (1) „Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage.
3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit.“
Damit ist die Möglichkeit zur Regelung der flexiblen Arbeitszeit in den Betrieben oder zwischen den Tarifvertragsparteien geschaffen. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, dann ist dieser zu beteiligen. Im Betrieb wird in der Regel eine Betriebsvereinbarung zur flexiblen Arbeitszeit geschlossen. Diese ist dann gleichzeitig das Regelwerk für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber.

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen
Tarifverträge behandeln das Thema Arbeitszeit im Allgemeinen noch etwas umfassender und detaillierter als die Arbeitsgesetze. Die Vereinbarungen dort sind noch konkreter, etwa die regelmäßige Wochenarbeitszeit oder die normale tägliche Arbeitszeit sind dort geregelt. Dann können Tarifverträge schon sehr detaillierte Gleitzeitmodelle enthalten, die konkret die täglichen Arbeitszeiten und Ruhepausen enthalten.
Tarifverträge regeln immer die Überstunden sowie die Überstundenbezahlung. Sonn-, Feiertags-, Nacht- und Schichtarbeit werden ebenfalls in Tarifverträgen von den Vertragsparteien geregelt. Darüber hinaus geben auch Tarifverträge nur die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeit vor. Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Kernarbeitszeiten sollen durch die Arbeitgeber und Betriebsräte in Betriebsvereinbarungen geregelt werden.
In Betriebsvereinbarungen regeln die Betriebsparteien sehr genau die Ausgestaltung der flexiblen Arbeitszeit. Auch betriebsinterne Genehmigungsverfahren, wie beispielsweise im Bereich Mehrarbeit, werden hier genau festgelegt. Kernarbeitszeiten, also Zeiten, zu denen die Mitarbeiter*innen im Betrieb sein müssen, sofern sie nicht im Urlaub sind oder arbeitsunfähig sind, werden in Betriebsvereinbarungen festgeschrieben.
Häufig werden Obergrenzen für Gleitzeit festgelegt. Zum Beispiel, dass ein Arbeitnehmer*in maximal zwei Tage pro Monat positive Stunden abbauen darf. Es soll so für den Arbeitgeber ein kontinuierlicher Service sichergestellt werden und Mitarbeiter*innen sollen keine Anreize erhalten, die maximale gesetzliche Arbeitszeitgrenze an einzelnen Tagen zu verletzen, um so an mehr freie Tage zu kommen.
Arbeitsvertrag
Flexible Arbeitszeit kann jenseits von Gleitzeitmodellen so aussehen, dass Mitarbeitende in Teilzeit oder Brückenteilzeit, also eine befristete Form von Teilzeit mit Rückkehrrecht in Vollzeit, arbeiten. Unter Berücksichtigung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes werden diese Formen der flexiblen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag geregelt.
Die nicht volle Arbeitszeit wird dann als normale Arbeitszeit im Vertrag festgelegt. Diese Teilzeit ist häufig an bestimmten Wochentagen oder zu bestimmten Tageszeiten zu erbringen. Auch Wochentage und Tageszeiten werden im Arbeitsvertrag oder einer Anlage dazu festgelegt.
Home Office
Regelungen oder Vereinbarungen zum Home Office werden von Arbeitnehmer*innen häufig als Flexibilisierung der Arbeitszeit wahrgenommen. Für den Arbeitnehmer*in kann so beispielsweise eine Kinderbetreuung besser gestaltet werden. Das ist so aber nicht richtig. Regelungen für das Home Office flexibilisieren den Arbeitsort, nicht jedoch die Arbeitszeit. Der Mitarbeiter*in muss weiterhin Regelungen des Betriebs oder der Tarifverträge einhalten, in denen beispielsweise Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, beziehungsweise die Kernarbeitszeit geregelt sind.

Der Arbeitnehmer*in kann sich beispielsweise nicht eigenmächtig seine Arbeitszeit so legen, dass er am frühen Morgen seine Arbeitszeit erbringt, um am Nachmittag für seine Kinder zu sorgen, wenn die betrieblichen Regelungen im Wege stehen. Schließlich muss man den Arbeitgebern auch versichern, dass die Mitarbeiter*innen zu den Zeiten zur Verfügung stehen, zu denen beispielsweise bestimmte Services für die Kund*innen zugänglich sein müssen.
Fazit
Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist ein wichtiges Thema für alle Beteiligten. Arbeitnehmer*innen wollen etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten. Arbeitgeber wollen attraktive Arbeitsplätze anbieten und motivierte Mitarbeiter*innen auf flexiblen Arbeitsplätzen beschäftigen.
Die Arbeitsgesetze und auch teilweise die Tarifverträge geben dafür in der Regel nur die Rahmenbedingungen vor. Das ist aber auch gut so, denn so können wir als Arbeitgeber die Flexibilisierung der Arbeitszeiten in unseren Betrieben an den Bedarfen der Arbeitnehmer*innen und des Betriebes ausrichten. Beide Seiten können so davon profitieren.
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- Kategorie: Personalverwaltung, Arbeitsrecht, Homeoffice
- 08. Februar 2021