Willst du mehr Geld verdienen, musst du danach fragen. Diese simple Regel ist Grundvoraussetzung für eine Gehaltserhöhung. Doch obwohl die Gehaltsverhandlung zum Berufsleben dazugehört wie die Butter aufs Brot, scheuen sie viele Arbeitnehmer.

Wir haben deshalb bei einem Experten nachgefragt.

Christian Richter, Karriereberater und Inhaber von Karriereservice.de, erklärt im folgenden Gespräch, auf welche Aspekte es bei der erfolgreichen Gehaltsverhandlung ankommt. Gibt es rhetorische Tricks, die man kennen sollte? Wann ist der beste Zeitpunkt im Job? Und sollte man das erste Angebot gleich annehmen?


Unser Experte:

Christian Richter Christian Richter ist Geschäftsführer der Unternehmen Karriereservice.de und select if Personalberatung. Er besitzt langjährige Erfahrungen in der Abwicklung von Recruitingprojekten für mittelständische Unternehmen. Diese berät er auch in Fragen des Hochschulmarketings und der Personalauswahl. Zudem ist er im Bereich der Outplacementberatung tätig und begleitet als Coach Fach- und Führungskräfte auf ihrem Karriereweg.

Als Lehrbeauftragter ist er an unterschiedlichen Hochschulen aktiv und hält regelmäßig Lehrveranstaltungen im Bereich Personalmanagement und Methodenlehre. Darüber hinaus leitet er wissenschaftlich fundierte Trainings zu den Themen Führung, Assessment Center, Bewerbung und Vorstellungsgespräche.


Die wichtigsten Tipps und Tricks rund um das Thema Gehaltsgespräch erfährst du hier in unserem Interview mit Coaching-Experte Christian Richter.

Die Gehaltsverhandlung ist ein Dauerbrenner im Berufsleben – das weiß jeder aus eigener Erfahrung. Herr Richter, Sie bieten Seminare und Online-Coachings zu vielen Themen rund um Karriereplanung und beruflichen Erfolg an. Wie nachgefragt ist das Thema bei Ihnen?

Christian Richter: Wir bieten zu dem Thema Gehaltsverhandlung sowohl ein Webinar, ein Seminar und auch Einzelcoachings an, und diese Angebote werden gerne genutzt. Bei vielen besteht eine hohe Unsicherheit darin, wie sie sich in einer Gehaltsverhandlung den Arbeitgebenden gegenüber richtig verhalten sollen. Die gemeinsame Reflexion mit einem Karriereberater hilft dabei, sich professionell vorzubereiten und eine gute Argumentationsstruktur auszuarbeiten.

Oftmals scheitert es ja schon am richtigen Zeitpunkt für die Frage nach mehr Geld. Existiert dieser denn überhaupt?

Ja, dieser kann sogar entscheidend sein! Es kommt vielmehr darauf an, ungünstige Zeitpunkte zu vermeiden. Achten Sie zum Beispiel darauf, dass Ihr/e Vorgesetzte/r nicht unter Zeitdruck steht und sich Ihrem Anliegen gelassen widmen kann. Kurz vor dem eigenen Urlaub hat diese/r vielleicht noch viel zu erledigen und nicht die „Muße“, sich mit Ihrer Gehaltsentwicklung auseinanderzusetzen. Neben der persönlichen Befindlichkeit der Entscheidungsträger/in sollten weitere Faktoren überdacht werden. Wie sieht die aktuelle wirtschaftliche Lage im Unternehmen aus? Welche Informationen haben Sie zur Gehaltsstruktur? Inwieweit hat sich Ihr Aufgaben- und Verantwortungsbereich verändert?

Wenn Sie besondere Leistungen erbracht oder ein Projekt erfolgreich abgeschlossen haben, kann es sinnvoll sein das Thema Gehaltsentwicklung anzusprechen. Dann hat Ihr/e Vorgesetzte/r auch einen guten Grund, Sie für diese Leistung zu belohnen und gute Argumente für eine Gehaltsentwicklung auch gegenüber höhergestellten Entscheidungsträger/innen zu rechtfertigen. Vor allem, wenn sich Ihr Aufgabenbereich verändert oder Sie mehr Verantwortung übernehmen, sollten Sie das Thema proaktiv ansprechen. In vielen Unternehmen ist es auch üblich, im Rahmen der Mitarbeiterjahresgespräche die Gehaltsentwicklung zu thematisieren. Sprechen Sie im Zweifelsfall auch vertraute Kolleg/innen an, die schon länger für das Unternehmen tätig sind, diese können Sie vielleicht mit guten Tipps unterstützen.

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Gehaltsverhandlung
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Gibt es denn eine bestimmte Struktur, nach der eine Gehaltsverhandlung immer abläuft bzw. an der ich mich orientieren kann?

In den wenigsten Fällen wird isoliert über die Gehaltsentwicklung gesprochen. Häufig nutzen die Vorgesetzten das Gespräch auch, um mit den Mitarbeitenden über die Leistung und weitere berufliche Entwicklung zu sprechen. Eine Gehaltsentwicklung wird in den meisten Fällen auch mit der Erweiterung des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs verknüpft.

Die meisten Gehaltsgespräche beinhalten die folgenden Themen:

  1. Feedback zur und Reflexion der bisherigen Arbeitsqualität: Überlegen Sie hierzu, wie Ihre Führungskraft die vergangene bzw. aktuelle Leistung einschätzt und wie Sie diese positiv darstellen können.
  2. Weiterentwicklung (Übernahme zusätzlicher Aufgaben / Verantwortung): Machen Sie sich Gedanken, welche Wünsche und Erwartung Ihr/e Vorgesetzte/r hat und wie Sie sich zukünftig einbringen möchten.
  3. Gehaltsforderung / Argumente: Welche Gehaltsforderung wollen Sie stellen und mit welchen Argumenten können Sie diese untermauern? Auch zusätzliche Benefits sollten in die Überlegungen einbezogen werden.
  4. Einigung / Vertragsanpassung: Überlegen Sie, welche verschiedenen Varianten (Gehaltspakete) für Sie besonders attraktiv sind. Manche Benefits können sich stärker auszahlen als eine reine Gehaltserhöhung. Auch das „Preis-/Leistungsverhältnis“ sollte für Sie stimmen. Ist der Mehraufwand durch die Gehaltserhöhung gedeckt?
Wie bereite ich mich denn nun am besten auf die Gehaltsverhandlung vor?

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, sich umfassend vorzubereiten. Reflektieren Sie im Vorfeld, wie Ihre Einsatzbereitschaft, Motivation und Leistung von dem/r Vorgesetzten eingeschätzt wird. Überlegen Sie zudem, welche Möglichkeiten es gibt, den Aufgaben- und Verantwortungsbereich zu erweitern.

Folgende Fragen können Ihnen bei der Vorbereitung helfen:

  • Welche Erfolge kann ich vorweisen?
  • Inwieweit hebt sich meine Leistung vom Durchschnitt ab?
  • Welche zusätzlichen Aufgaben könnte/möchte ich gerne übernehmen?
  • Welche Projekte könnte ich zukünftig umsetzen?
  • Wie könnte sich mein Verantwortungsbereich erweitern?
  • Wer hat im Team von mir besonders profitiert?
  • Wie kann ich meine Vorgesetzten entlasten?
  • Welches Wissen könnte ich im Team gut weitergeben?

Darüber hinaus sollten Sie sich genau überlegen, welche Gehaltsforderung Sie stellen wollen und welche zusätzlichen Benefits, wie zum Beispiel eine Weiterbildung oder ein Firmenfahrzeug, für Sie interessant sein könnten.

Tipp: Mit unserem Gehaltsrechner kannst du schnell und einfach berechnen, wie viel Netto-Gehalt dir am Ende des Monats bleibt.

Gehaltsverhandlung
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Jetzt wird’s ernst: Was sind die 3 Top-Argumente für mehr Geld in einer Gehaltsverhandlung?

Natürlich kommt es letztendlich auf Ihre Argumente an, um die Entscheidungsträger/innen zu überzeugen. Legen Sie sich mehrere Argumente zurecht, die aufzeigen, dass Sie „wertvoll“ für das Unternehmen sind. Sie können zum Beispiel darlegen, dass Sie Ihre Kompetenzen in einem besonderen Feld ausgebaut haben und somit über wichtiges Fachwissen verfügen. Eine hohe Einsatzbereitschaft, Flexibilität und Mobilität können auch gute Gründe für eine Gehaltssteigerung sein. Ebenso die Weitergabe von Fachwissen und die Anleitung von anderen Teammitgliedern, wie beispielsweise Auszubildende oder Praktikant/innen. Die zukünftige Übernahme von direkter Führungsverantwortung ist ein besonders starkes Argument für eine Gehaltssteigerung. Aber auch die Erweiterung des bisherigen Aufgabengebiets um höherwertige Aufgaben oder die Übernahme von Zusatzaufgaben können gute Argumente sein.

Überlegen Sie im Vorfeld welche Präferenzen Ihr/e Vorgesetzte/r haben könnte. Welche Wünsche und Erwartungen könnte diese/r an Sie stellen? Wovon wird er bzw. sie die Gehaltentwicklung abhängig machen?

Und welche Argumente sollte ich lieber gar nicht erst vorbringen?

Persönliche Belange, wie zum Beispiel ein Familienzuwachs oder gestiegene Mietkosten, stellen keine starken Argumente dar, mit denen Sie die Notwendigkeit eines Gehaltszuwachses begründen sollten. Dies wird von Arbeitgebenden nicht gerne gesehen. Schließlich ist das Gehalt an Ihren Einsatz und Ihre Leistung für das Unternehmen gebunden. Eine solche Bindung soll aus Sicht der Unternehmen auch gewährleisten, dass die Arbeitgebenden fair behandelt werden und es transparente Maßstäbe für die Gehälter gibt.

Wie reagiere ich denn, wenn meine Chefin alles abblockt?

Es ist auf jeden Fall wichtig, die Opposition zu verstehen. Hören Sie Ihrem/r Vorgesetzten gut zu. Welche Gegenargumente führt diese/r auf? Wird die Gehaltsforderung vollständig oder nur in Teilen abgelehnt? Überlegen Sie in diesem Fall, ob Ihre Forderungen vielleicht auch überzogen sind. Eine gute Selbstreflexion hilft Ihnen besser mit der Situation umzugehen. Hierdurch können Sie auch Lerneffekte für die Zukunft mitnehmen.

Die Gründe für die Ablehnung einer Gehaltsforderung können vielfältig sein. Manche Begründungen können Sie vielleicht in der Zukunft entkräften, wie beispielsweise die Zufriedenheit mit Ihrer Arbeitsleistung oder die Weiterentwicklung der persönlichen Reife, um die Voraussetzung zur Übernahme von einer gesteigerten Verantwortung zu gewährleisten. Auf andere Ablehnungsgründe haben Sie vielleicht auch keinen Einfluss, wie beispielsweise die Gehaltsstruktur oder die starke Wettbewerbssituation.

Diese Ablehnungsgründe zeigen Ihnen auf, dass für eine Weiterentwicklung ein Unternehmenswechsel sinnvoll sein könnte. Es lohnt sich somit die Beweggründe des/der Vorgesetzen genauer zu hinterfragen. Auch hierauf sollten Sie sich vorbereiten.

Übliche Gegenargumente können Sie vielleicht auch direkt im Gespräch entkräften. Die Taktik der Entscheidungsträger/innen, die Gehaltsanpassung auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben, zum Beispiel nach dem erfolgreichen Projektabschluss, lässt sich vielleicht ummünzen, indem man feste Ziele für die Projektbearbeitung festlegt und die Erreichung dieser direkt mit der Gehaltserhöhung verbindet. Es lohnt sich also im Vorfeld zu überlegen, welche Argumentationsstrategie die Gegenseite verfolgen könnte.

Gehaltsverhandlung
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Gerade wenn man schon einige Jahre Berufserfahrung und auch Firmenzugehörigkeit aufzuweisen hat, fragt man sich: Wie oft und in welchen Abständen ist es denn in Ordnung, nach einer Gehaltserhöhung im Job zu fragen?

Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, weil in verschiedenen Unternehmen andere Regeln hierzu gelten. In den ersten Berufsjahren ist es durchaus üblich, häufiger über das Gehalt mit dem Arbeitgebenden zu verhandeln, schließlich ist der persönliche Wissenszuwachs in dieser Zeit besonders hoch und häufig werden nach kurzer Zeit auch der Verantwortungs- und der Aufgabenbereich erweitert. Wenn man schon mehrere Gehaltsanpassungen hinter sich hat und der Rahmen der Tätigkeit in der Zukunft unverändert bleibt, ist es deutlich schwieriger eine Gehaltserhöhung einzufordern.

Eine Orientierung an branchenüblichen Gehältern kann helfen, um zu ermitteln, ob der eigene Verdienst zu niedrig ist. Die Vergleichswerte können auch als Argument vorgetragen werden, um eine Gehaltserhöhung einzufordern. Zudem sollte aber immer auch die persönliche Leistung in den Vordergrund gestellt werden. Diese kann mit unternehmensspezifischem Wissen, einem guten internen und externen Netzwerk und einer verlässlichen Arbeitsqualität durch ein hohes Know-how begründet werden.

Herzlichen Dank für diese Informationen.

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