Sind Ausbildung oder Studium abgeschlossen, steht der Start ins echte Berufsleben an. Viele Absolventen und Absolventinnen haben da erst einmal ein großes Ziel vor Augen: Karriere machen. Weiterkommen, Geld verdienen, in Führungspositionen gelangen – all das sind in diesem Lebensabschnitt sehr attraktive Vorstellungen. Doch wie sieht es mit den Karrierechancen speziell für Frauen aus? Wie gelingt der berufliche Aufstieg?

Gleichberechtigung?

Teilt man die Absolventen deutscher Hochschulen nach ihrem Geschlecht auf, ergibt sich ein ziemlich ausgewogenes Bild. Knapp über 50 Prozent sind Frauen, sprich hier halten sich die Geschlechter die Waage (Quelle: Statistisches Bundesamt, Frauenanteile an Hochschulen in Deutschland 2017). Der Blick auf die Zahl der Frauen in Führungspositionen hingegen wirkt ernüchternd: Stand Oktober 2018 beträgt der Frauenteil in Führungspositionen bei deutschen Unternehmen 22,6 Prozent. In großen Unternehmen mit über 10.000 Mitarbeitern liegt er sogar nur bei 16,8 Prozent (vgl. Statista 2019, Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland 2018). Irgendwo scheinen die Frauen auf dem Weg vom Ausbildungsabschluss bis zur Karrierespitze zu straucheln.

Doch warum kommen so viele Frauen bei ihrem Versuch, die Karriereleiter zu erklimmen, zu Fall? Sind die Karrierechancen in Deutschland doch nicht ganz so fair, wie man meinen möchte? Sicherlich liegt es zum Teil an typischen Verhaltensmustern, die sich in den männlich dominierten, deutschen Chefetagen breit gemacht haben. Versteht man, wie bei uns beruflicher Aufstieg im Großen und Ganzen funktioniert, hat man deutlich bessere Chancen, in diesem System voran zu kommen. Um eines kommt Frau jedoch nicht herum: Die Gretchenfrage nach der Familienplanung und der Kinderbetreuung wird früher oder später die Karriere maßgeblich beeinflussen.

Karrierechancen für Frauen
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Tue Gutes und sprich darüber

Hast du vor, nicht in deiner Start-Position bei einem Unternehmen zu verharren? Möchtest du mehr bewegen, Verantwortung übernehmen, und visierst vielleicht sogar eine Führungsetage in deiner Branche an? Dann solltest du vor allem eines: im Gespräch bleiben. Kommunikation ist das A und O, wenn man beruflich vorankommen möchte, egal ob Männlein oder Weiblein. Das beginnt bereits bei der Formulierung der eigenen Ziele und Wünsche. Wer klar darlegen kann, was er in seinem Job erreichen möchte, und entsprechende Ergebnisse dann auch überzeugend vorträgt, qualifiziert sich eindeutig für mehr.

Frauen stellen ihr Licht gerne unter den Scheffel. Wer Erfolge zu verbuchen hat, sollte auch ganz selbstbewusst darüber reden. Denn willst du gefördert werden, musst du deinem Chef erst einmal die Chance geben, zu erkennen, dass du höhere Positionen anstrebst. Selbstmarketing ist also ein wichtiges Instrument, um eigene Wünsche zu verbalisieren und auf der Karriereleiter höher zu klettern. Frauen denken hier oft zu subtil und setzen gerne mal auf dezentere Signale. Das Problem: Oftmals erkennen Führungskräfte diese Anspielungen gar nicht und schätzen Mitarbeiterinnen dann völlig falsch ein. Also: Definiere deine Ziele innerhalb der Firma für dich konkret und kommuniziere sie auch so. In einem Gespräch mit deinen Vorgesetzten darfst du dich und deine Karrierewünsche ruhig auch einmal zum Thema machen. Missverständnisse entstehen häufig durch zu wenig Kommunikation.

Karrierechancen mit Plan

Wichtig ist dabei auch, dass du dir einen persönlichen Karriereplan aufstellst. Diesen kannst du am besten auch schriftlich fixieren. So hast du schwarz auf weiß vor Augen, was du möchtest und wohin die Reise gehen soll – in zwei, fünf oder zehn Jahren. Mit so einem Pfad im Hinterkopf gelingt es besser, zu erkennen, welche kleinen Karriereschritte die richtigen sind – und welche davon eventuell eher ins Aus führen. Denn eines gehört zu einer geglückten Karriere auf jeden Fall dazu: Im richtigen Moment auch einmal „nein“ zu sagen. Nicht jedes Projekt und jede Aufgabe müssen von dir bewältigt werden, du musst mit deinen Kapazitäten sinnvoll haushalten.

Wohl aus erziehungstechnischen Gründen sind da die Frauen leider wiederum etwas im Hintertreffen. Ihnen fällt es oft deutlich schwerer, Absagen zu erteilen. Im Sinne von „immer hilfsbereit, immer freundlich, immer dienstbeflissen“ machen sie häufig den Fehler, nicht zwischen wichtigen und unwichtigen Aufgaben zu entscheiden. Ein klares „Nein“ im richtigen Moment zeugt jedoch nicht nur von Selbstbewusstsein, sondern auch von einer qualifizierten Arbeitseinstellung. Denn mit den eigenen Kompetenzen und Kapazitäten sinnvoll umzugehen, ist ein entscheidender Faktor für Top-Karrierechancen.

Karrierechancen für Frauen
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Gemeinsam stark

Doch es gilt nicht nur, deine Vorstellungen klar zu formulieren, sondern auch im Gespräch zu bleiben. Und hier sind nicht unbedingt das x-te Meeting und die zehnte Besprechung der Woche gemeint, wo du unbedingt auch noch dabei sein musst. Nein, hier geht es mitunter um ganz informelle Gespräche: Lerne deine Kollegen und Vorgesetzten besser kennen, bei einem kurzen Plausch an der Kaffeemaschine oder beim gemeinsamen Mittagessen. Knüpfe Kontakte, auf jeden Fall auch abteilungsübergreifend. Das kann später extrem hilfreich sein. Natürlich kommt es darauf an, was für einen Eindruck du hinterlässt. Wer sich freundlich, interessiert, offen und engagiert zeigt, kommt sicherlich schnell ins Gespräch.

Die richtigen Kontakte

Generell ist es vor allem in größeren Unternehmen von unschätzbarem Vorteil, gut vernetzt zu sein und viele Kontakte geknüpft zu haben. Ja, für viele Menschen ist Networking durchaus anstrengend, aber auf lange Sicht lohnt es sich auf jeden Fall. Ein funktionierendes soziales Netzwerk im Arbeitsumfeld kann die Aufstiegschancen deutlich erhöhen. Wer eine neue Position innerhalb seines Unternehmens entdeckt hat und bereits jemanden aus der angestrebten Abteilung kennt, ist hier klar im Vorteil. Solche Kontakte kann man gut für sich arbeiten lassen, sie öffnen einem so manche Tür. Allerdings darf man dann auch nicht zögern, diese Kontakte auszuspielen. Männer agieren hier häufig direkter und unverblümter, während sich Frauen oftmals scheuen, sich Fürsprecher ins Boot zu holen. Doch so, wie die Führungsetagen der Arbeitswelt bei uns momentan gestrickt sind, ist dies ein Nachteil. In vielen Unternehmen gibt es auch sogenannte Mentoring- oder Mentorship-Programme. Ganz gezielt werden hierbei erfahrene Kollegen neuen Mitarbeitern zur Seite gestellt. Sie sollen dem Neuankömmling über längere Zeit hinweg als konstanter Ansprechpartner dienen, ihn bei allen betrieblichen Belangen begleiten und ihm mit ihrem fachlichen Wissen und Erfahrungsschatz zur Seite stehen.  Aus solchen Programmen entstehen oft extrem wertvolle Kontakte.

Wer auf der Karriereleiter vorankommen möchte, sollte deshalb nicht zögern, Beziehungen spielen zu lassen. Ein weiterer Vorteil vieler Bekanntschaften: Du greifst frühzeitig Informationen ab und erfährst schneller von potenziellen Aufstiegsmöglichkeiten oder neu zu besetzenden Stellen bei deinem Arbeitgeber.

Karrierefalle Teilzeit

Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit haben rund 71 Prozent der Frauen in Deutschland einen Job. Das sind fast zehn Prozent mehr als im Durchschnitt der OECD-Länder. Natürlich sagt das noch nichts über die Qualität der Jobs aus. Schaut man genauer hin, zeigt sich: Fast die Hälfte der Frauen arbeitet in Teilzeit. Bei Männern macht dieser Anteil nur ca. elf Prozent aus (Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Studie Blickpunkt Arbeitsmarkt Juli 2019). Und hier liegt ein großes Problem. Denn bereits wer seine Arbeitszeit nur geringfügig reduziert, der schränkt seine Karrierechancen erheblich ein.

Beispielsweise stehen dir mit einer Wochenarbeitszeit von immerhin noch 30 Stunden schon viele Positionen gar nicht mehr offen. Anscheinend herrscht in den meisten Köpfen in deutschen Führungsetagen noch immer die Ansicht, dass sich nur in Vollzeit führen lässt. Begibst du dich auf Jobsuche, wirst du schnell bemerken: Eine echte Führungsposition in Teilzeitarbeit angeboten zu bekommen, ist eine absolute Seltenheit. Sicher ein Grund dafür, warum einige Bewerber mit ihren Teilzeitwünschen erst einmal hinterm Berg halten und sich auch auf Vollzeitstellen bewerben. Allerdings kann dieser Schuss nach hinten losgehen. Rückst du nach einem perfekten Gespräch erst nach 1 Stunde damit heraus, dass für dich beim neuen Job alles passen würde, du aber leider nur 20 Wochenstunden arbeiten kannst, könnte das deine Gesprächspartner verärgern. Schließlich haben sie Zeit und Aufwand investiert, um dich kennenzulernen, und nun kommt eine Einstellung für die ausgeschriebene Position aus ihrer Sicht gar nicht mehr in Frage.

Karrierechancen für Frauen
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Woran liegt’s?

Doch warum arbeitet die Mehrheit der Frauen in Deutschland in Teilzeit? Eine Tatsache, die sich auch nicht ändern lassen wird, ist nun einmal, dass Frauen Kinder bekommen – und Männer nicht. Steht der erste Nachwuchs im Alter von ca. 30–35 Jahren an, ist das zugleich die Phase, wo viele eigentlich beruflich so richtig durchstarten. Viele Frauen haben aber gerade dann zu diesem Zeitpunkt ihre erste kurze Arbeitspause zu verorten, die der Geburt eines Kindes geschuldet ist bzw. der ersten Zeit danach. Wer sein Kind stillen möchte, bleibt zwangsläufig erst einmal zu Hause. Viele Mütter wollen auch die ersten Monate mit ihrem Nachwuchs ganz bewusst genießen und sich eine kurze berufliche Auszeit nehmen.

In den letzten Jahren wurde von Regierungsseite mit diversen gesetzlichen Förderungen versucht, Frauen den Einstieg in die Arbeitswelt anschließend schneller wieder möglich zu machen. Das Angebot für beide Elternteile, Elternzeit zu nehmen und Elterngeld zu beziehen, zählt beispielsweise dazu. Doch die Realität zeigt: Viele Väter beantragen eben gerade mal zwei Monate Elternzeit, um mit der jungen Familie eine etwas ausgedehntere Urlaubsreise zu unternehmen. Anschließend wird – zumindest von männlicher Seite aus – sofort wieder in Vollzeit weitergearbeitet. Die Frau nimmt die kompletten restlichen Elternzeitmonate, um danach in Teilzeit in den Beruf zurückzukehren. Das liegt sicher auch in vielen Fällen an Gehaltsunterschieden, sprich in der Regel wird in einer Familie derjenige mit dem höheren Gehalt weiter in Vollzeit arbeiten. Hier spielen natürlich auch die generelle Berufswahl, die jeweilige Branche und das Berufsfeld eine wichtige Rolle. Startet die Frau dann nach ein bis zwei Jahren reinem Familienjob in ihre „Teilzeitkarriere“, ist das aber leider oft mit einem Karrierekiller gleichzusetzen.

Willen zeigen

Was also tun, will man auf Kinder nicht verzichten, aber trotzdem die eigene Karriere weiterverfolgen? Es gibt durchaus ein paar Tipps, mit denen man beides ganz gut unter einen Hut bringen kann. Fairerweise muss man jedoch auch sagen: Die ganz große Karriere im Aufsichtsrat oder als Manager zu machen plus fünf Kinder groß zu ziehen, dieses Lebensmodell hat mit Sicherheit Seltenheitswert. Dafür brauchst du auf jeden Fall einen Hausmann in der Hinterhand oder viel Geld für eine gute Fulltime-Nanny. Und du musst dazu bereit sein, auf einiges an Zeit mit deinen Kindern und deiner Familie zu verzichten.

Trotzdem kann man die eigene Karriere auch mit Kind vorantreiben. Mit einer konkret kommunizierten Einstellung und festem Willen lässt sich einiges erreichen. Klar ist: Will ich als Frau Karriere machen und beruflich viel Verantwortung übernehmen, muss ich Prioritäten setzen. Sprich ich kann nicht diejenige sein, die bei jeder Erkältung des Kindes mit ihm zuhause bleibt bzw. bei einem Anruf der Krippe sofort den Stift fallen lässt und den Arbeitsplatz verlässt. Hier gilt es, sich in der Familie Unterstützung zu holen, Aufgaben klar zu verteilen und sich gegebenenfalls ein funktionierendes Netzwerk aufzubauen. Aber auch die Möglichkeit, dann spontan einen Homeoffice-Arbeitstag einzulegen, bietet sich mittlerweile ja zum Glück in immer mehr Betrieben. Allerdings gilt es dann, zu beweisen, dass du vom Schreibtisch zuhause aus auch wirklich effektiv arbeitest und gut erreichbar bist. Hat dein Arbeitgeber diese Erfahrung mit dir gemacht, wird auch die nächste Grippewelle im Kindergarten kein Karrierekiller für dich sein.

Karrierechancen für Frauen
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Immer erreichbar

In der heutigen Zeit wird zudem in vielen Position ständige Erreichbarkeit gefordert. Bis zu einem gewissen Grad muss man da mitspielen, vor allem in den höheren Etagen. Holst du um 17 Uhr die Kinder aus der Betreuung und schaltest zeitgleich dein Arbeits-Smartphone aus, könnte das in einigen Branchen nicht mit Führungsverantwortung vereinbar sein. Ob sich ein Unternehmen tatsächlich nur auf diese Art und Weise erfolgreich führen lässt, sei dahingestellt. In der Realität wird dieses Engagement meist jedoch erwartet. Das heißt für viele Mütter, die beruflich erfolgreich sein wollen: Beruf und Privatleben verschmelzen, zumindest unter der Woche.

Karrierechancen per Gesetz

Auch von gesetzlicher Seite gibt es ja mittlerweile Anstrengungen, den Frauenanteil in höheren Positionen anwachsen zu lassen. Seit 1. Januar 2016 ist das Gesetz zur Frauenquote in Deutschland gültig. Darin festgeschrieben ist eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden. Alle weiteren Unternehmen sind dazu verpflichtet, sich ein persönliches Ziel zu setzen, um den Frauenanteil in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Etagen zu vergrößern. Dabei gibt es aber kein vorgeschriebenes Mindestziel, die Zielquote darf nur nicht unter den aktuellen Stand fallen. Die Praxis der letzten Jahre zeigt jedoch: Haben große Unternehmen die 30-Prozent-Marke geknackt, werden sämtliche Förderprogramme heruntergefahren und keine weiteren Anstrengungen mehr unternommen. Es bleibt also auch in der Zukunft an den Frauen, Führungspositionen einzufordern und sich auf den Weg nach oben zu machen, sei er auch noch so steinig.

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