Endlich hat dein wohlverdienter Jahresurlaub begonnen. Du startest mit einem Cappuccino ganz lässig am Strand in den Tag, als das Smartphone plötzlich klingelt: Dein Chef ruft an. Hey, was soll das? Erreichbarkeit im Urlaub – muss das denn sein? 

Erhältst du in deinem Urlaub eine E-Mail von deinem Vorgesetzten mit dem Betreff „dringend: bitte umgehend bearbeiten“, fällt es dir vermutlich schwer, diese zu ignorieren. Genauso verhält es sich, wenn du einen Anruf oder eine WhatsApp vom Chef im Urlaub bekommst. Natürlich setzt dich das unter Druck. Doch die Rechtsprechung ist hier eindeutig: Wer Urlaub hat, hat frei.

Muss man im Urlaub für den Arbeitgeber erreichbar sein?

In § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) steht geschrieben:

„Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.“ (vgl. gesetze-im-internet.de)

Der gesetzlich verankerte Mindestanspruch für in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer beläuft sich dabei auf jährlich mindestens 24 Werktage. An diesen Tagen gilt: Der Mitarbeiter hat ein Recht auf Erholung von seiner Arbeitsstelle. Und diese ist nur gewährleistet, wenn er in seiner Urlaubszeit keiner Arbeit für seinen Arbeitgeber nachgeht.

Du bist also keineswegs verpflichtet, dienstliche Anrufe anzunehmen oder schriftliche Anfragen deines Chefs oder deiner Chefin zu bearbeiten, wenn du dich im Urlaub befindest. Eine ständige Erreichbarkeit, wie sie in manchen Arbeitsverträgen festgehalten ist, ist in diesem Fall unwirksam – allerdings immer bezogen auf die 24 Tage Mindesturlaub, die jedem Arbeitnehmer zustehen.

Auch wenn du ein Diensthandy hast, heißt das nicht, dass du permanent auf Abrufbereitschaft sein musst. Du hast also absolut keine Verpflichtung, das Gespräch anzunehmen, die Nachricht zu lesen oder weiterzubearbeiten. Der psychische Druck, der durch eine Störung von Seiten des Vorgesetzten in deinem Urlaub stattfindet, ist natürlich eine andere Sache.

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Frau telefoniert am Strand auf Liegestuhl sitzend
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Vertragliche Sonderregelungen

Viele Arbeitnehmer haben jedoch in ihren Arbeitsverträgen mehr Urlaubstage vereinbart, als der gesetzliche Urlaubsanspruch vorsieht. Hast du also 28 oder sogar 30 Tage Urlaub pro Jahr, so kann für die Tage, die über den gesetzlichen Anspruch hinausgehen, durchaus eine Sondervereinbarung gelten. Diese muss vertraglich festgehalten sein. Sie kann zum Beispiel vorsehen, dass der Mitarbeiter in einem definierten Umfang auch an diesen eigentlich freien Tagen erreichbar ist und Aufgaben weiterleitet oder sogar erledigt. 

Arbeitsrechtliche Konsequenzen

Klar ist: Als Mitarbeiter können dir keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie eine Kündigung drohen, wenn du in der Strandbar in deinem ordentlich genehmigten Urlaub nicht ans Handy gehst.

Hast du in deinem Arbeitsvertrag explizit eine Erreichbarkeitsvereinbarung, die die Urlaubstage betrifft, die über den gesetzlichen Mindestanspruch von 24 Tagen hinausgehen, kann es bezogen auf diese Tage anders aussehen. Doch auch in diesem Fall müsste dich der Arbeitgeber immer zunächst abmahnen und auf drohende arbeitsrechtliche Konsequenzen hinweisen, bevor er dir eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Nichterreichbarkeit aussprechen kann.

Führungskräfte: Immer erreichbar?

Doch was gilt für Teamleiter oder interne Führungskräfte? Hier hält sich hartnäckig die Mär, sie müssten rund um die Uhr – auch im Urlaub – erreichbar sein. Aber das ist gesetzlich gesehen nicht der Fall. Auch als Führungskraft hast du Anspruch auf deine Erholungszeit wie jeder andere Arbeitnehmer auch – vorausgesetzt, du bist angestellt.

Dass die Realität in vielen Unternehmen anders aussieht, ist jedoch Fakt. In manchen Branchen ist es unvorstellbar, dass die mittlere Führungsschiene nicht permanent erreichbar ist. Doch jeder dieser Mitarbeiter dürfte für sich auch das Recht auf ungestörten Urlaub in Anspruch nehmen. Natürlich ist es schwierig, hier Routinen in Frage zu stellen, die eventuell seit Jahrzehnten so in Firmen gelebt werden und mittlerweile zum Standard geworden sind. Aber rechtlich gesehen ist die Sache klar.

Mann beißt sich verärgert in die Faust, während er auf sein Smartphone blickt
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Die Ausnahme: Notfall!

Was die Erreichbarkeit im Urlaub angeht, sieht das Arbeitsgesetz eine sehr strenge Trennung von Urlaub und Arbeitszeit vor – ganz zum Schutze des Arbeitnehmers, der sich in seiner arbeitsfreien Zeit ja erholen soll.

Das heißt, dass wirklich eine Extremsituation vorliegen muss, um zu rechtfertigen, dass dein Chef dich stört und dich praktisch dazu auffordert, deinen Urlaub zu unterbrechen. Denn das tust du ja mit dem Zeitpunkt, an dem du dich wieder mit deiner Arbeit beschäftigst. Das Bundesarbeitsgericht erkennt hier nur „zwingende Notwendigkeiten, die einen anderen Ausweg nicht zulassen“, an. Nicht einmal betriebliche, vorübergehende Schwierigkeiten reichen als Argument aus. Es muss sich um eine Existenzbedrohung der Firma handeln, die solch eine Unterbrechung rechtfertigt. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn ein Mitarbeiter als einziger im Unternehmen wichtige Passwörter kennt, die umgehend benötigt werden, um eine Firmenschließung zu verhindern.

Fazit

Der Urlaub von Arbeitnehmern ist streng geschützt. An den 24 Urlaubstagen, die jedem Arbeitnehmer mindestens pro Jahr zustehen, bist du zu keinerlei Erreichbarkeit verpflichtet. Hast du darüber hinaus weitere Urlaubstage, können diesbezüglich andere Absprachen mit deinem Arbeitgeber getroffen werden. Diese müssen aber immer genau vertraglich fixiert sein. Nur Extremsituationen, die die Existenz eines Unternehmens bedrohen, rechtfertigen ein Stören des Mitarbeiters im Urlaub von Seiten des Chefs.

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