Während deines Studiums hast du dir keine großen Sorgen um den Berufseinstieg gemacht, doch plötzlich ist es da, das Studienende. Dir wird angst und bange, wenn du deine Kommilitonen reden hörst: Die eine hat sich bereits ein halbes Jahr vor ihrem Uni-Abschluss einen tollen Job bei einer Zeitung geangelt und tut dabei so, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, auf Anhieb einen Berufseinstieg hinzulegen. Arbeitslose Akademiker gibt es in der Tat nur wenige (die Quote lag 2018 bei 2,2 Prozent), sodass es Betroffene sehr traurig und ratlos machen kann, wenn sie zu dieser Minderheit gehören.

Besonders Absolventen von Orchideenfächern kennen diese Situation, doch auch solche Akademiker finden meist schnell einen Job, da Arbeitgeber bereits von den in der Hochschulausbildung erworbenen Soft Skills beeindruckt sind. Doch was solltest du tun, wenn es dir bis zu deinem Abschluss nicht gelungen ist, eine Festanstellung zu finden?

Plan A: Arbeitsuchend melden

Wenn du nach dem Studium ohne Job dastehst, wirst du in vielen Fällen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Um diese Sozialleistung zu erhalten, musst du nämlich in den vergangenen 12 Monaten in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig gewesen sein (Hinweis: Eine Werkstudentenstelle unterliegt der Sozialversicherungspflicht nicht). Prüfe allerdings unbedingt, ob du Anspruch auf ALG II (Hartz IV) hast. Denn sonst entsteht schnell die Frage, von welchem Geld du beispielsweise deine Krankenversicherung zahlen sollst. Erkundige dich auch, ob in deinem Fall ein Anspruch auf Wohngeld besteht. Allerdings sind ALG II und Wohngeld nicht kombinierbar.

Tipp: Auch als Absolvent kann man noch etwas dazulernen: Sitze als arbeitsloser Akademiker also nicht ausschließlich im stillen Kämmerlein und schreibe Bewerbungen, sondern nutze neben der finanziellen Unterstützung auch die weiteren Angebote der Arbeitsagentur (Bewerbungstraining oder Weiterbildungsmaßnahmen wie z. B. IT-Kurse).

Selbst-Check: ALG II oder Wohngeld zu beantragen, bedeutet jede Menge Papierkram, und wenn du dabei nicht sorgfältig genug vorgehst, kann dir schnell ein Betrugsversuch vorgeworfen werden. Außerdem sammelst du mehr Lebenserfahrung, und dein Lebenslauf vermittelt einen lebenstüchtigeren Eindruck, wenn du Karriere-Durststrecken mit Gelegenheitsjobs überbrückt hast. Freie Stellen gibt es viele, und als Empfänger von ALG II bist du ohnehin dazu verpflichtet, jede zumutbare Arbeit anzunehmen.

Plan B: Bei der Jobsuche umdenken

Zwar konntest du dich für dein besonders exotisches Studienfach begeistern und hattest auch ganz gute Noten in deinem Abschluss. Allerdings stehen die Chancen auf einen Job, der genau dieses Studium voraussetzt, ähnlich gut wie beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, EU-Ratspräsident zu werden.

Wer zu den vorausschauend handelnden Menschen gehört, der hat sich bereits während des Studiums nach beruflichen Tätigkeiten umgesehen, in denen vielleicht nicht das in der Hochschulausbildung erworbene Wissen, jedoch die an der Uni erlernten Skills (wie etwa das Einarbeiten in neue Themen oder das Verfassen von Texten) gefragt sind. Diese Studenten, die ihre Karriere so früh wie möglich vorbereiten wollten, haben bereits während ihres Studiums alles dafür getan, um an einen Job in einem spannenden Bereich zu kommen.

Fallbeispiel:

Julia, Studentin mit Hauptfach Geschichte, packt während ihres Studiums regelmäßig die Torschlusspanik. Eines Tages erstellt Julia in ihrer Freizeit mit einem Homepagebaukasten eine Website und stellt fest, dass diese in Suchmaschinen unter den gewünschten Suchbegriffen nicht auffindbar ist. Schließlich stößt sie auf den Begriff Suchmaschinenoptimierung und beginnt damit, sich für das Thema zu interessieren. In der Jobbörse ihrer Universität werden regelmäßig spannende Werkstudentenstellen veröffentlicht. Julia stößt auf eine Stelle als Werkstudentin in der SEO-Abteilung einer Firma. Aufgrund ihrer Fähigkeit, sich in neue Themen einzuarbeiten, sowie aufgrund ihrer ersten praktischen Erfahrung, die Julia mit ihrer eigenen Website gemacht hat, beschließt der Inhaber der Firma, sie einzustellen.

Doch auch dann, wenn man während der Hochschulausbildung keinen vielversprechenden Bereich gefunden hat, in den man gern einsteigen will, bedeutet das nicht automatisch, dass die Arbeitslosigkeit als Absolvent ausschließlich durch Hilfstätigkeiten beseitigt werden kann. Zahlreiche Firmen freuen sich über lerneifrige, intelligente Menschen, die für ein Anlernverhältnis geeignet sind. Auch wenn du die jeweilige Position nicht dein Leben lang ausüben möchtest, kannst du mit ein paar Jahren in einem Betrieb vielerlei Fähigkeiten unter Beweis stellen: Du zeigst, dass du in der Lage bist, dich in einen komplett neuen Bereich einzuarbeiten und in ein Unternehmen zu integrieren. Wenn du hingegen ein paar Jahre arbeitslos bist, dann fehlen dir wertvolle Arbeitszeugnisse, die deine Vertrauenswürdigkeit und Kompetenz bescheinigen.

Fallbeispiel:

Zlatko hat im Hauptfach „Geschichte der Medizin“ studiert. Das Studium hat er konsequent durchgezogen, doch für eine wissenschaftliche Karriere reicht seine Begeisterung für das Fach nicht aus. Als Absolvent ist Zlatko arbeitslos, obwohl er zahlreiche Bewerbungen geschrieben hat. In seiner Verzweiflung schaltet er ein Stellengesuch: „Geisteswissenschaftler sucht Stelle im Büro“. Der Steuerberater Müller antwortet ihm auf die Anzeige und lernt den Absolventen in den Bereich ein. Allerdings ärgert sich Zlatko insgeheim über die Tatsache, dass sein Kollege nur eine duale Berufsausbildung zur Ausübung der Tätigkeit gebraucht hat. Aufgrund seiner beruflichen Unzufriedenheit studiert Zlatko regelmäßig die Stellenanzeigen und bewirbt sich eines Tages um eine Stelle bei einem Verlag, in der er sein an der Uni erworbenes Fachwissen optimal einsetzen kann. Aufgrund seines abgeschlossenen Studiums wird Zlatko dort eingestellt.

Selbst-Check: Hast du dich möglicherweise schon lange vor deinem Abitur auf dein Studium in deinem Traumfach gefreut? Nach erfolgreichem Abschluss in einem komplett anderen Bereich zu arbeiten, fühlt sich für manche Personen wie ein Rückschlag an. Auch besonders konservative Personaler legen Bewerbern berufliche „Ausschweifungen“ als mangelnde Geradlinigkeit aus. Ein Extremfall liegt vor, wenn ein Hochschulabsolvent nach seinem Studium noch eine duale Ausbildung abschließt. Traineeship oder Praktikum schlagen da zeitlich und finanziell weniger ins Gewicht.

Chancen auf eine Stelle verbessern
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Plan C: Selbstständig machen

Es gibt keine Firma, für die du wirklich gern arbeiten würdest, weshalb du deine Kommilitonen, die sich Jobs bei Weltkonzernen gekrallt haben, nicht einmal beneidest? Du sprühst nur so vor Ideen und könntest dir gut vorstellen, eine eigene kleine Firma zu gründen? Am besten lässt sich der Erfolg einer Geschäftsidee testen, wenn man noch Student ist (siehe auch unser ausführlicher Artikel zur Selbstständigkeit als Student). Doch es ist fast nie zu spät, ein eigenes Business auf die Beine zu stellen!

Falls die Selbstständigkeit nicht zum Leben reicht, kannst du als sogenannter Aufstocker Hartz IV beantragen. Durch die Tätigkeiten, die du im Rahmen deiner Selbstständigkeit ausübst, steigen übrigens auch deine Chancen auf eine Festanstellung in einer anderen Firma. Zudem wissen viele Arbeitgeber die allgemeinen Skills zu schätzen, die man im Rahmen einer Selbstständigkeit erwirbt (unternehmerisches Denken, kaufmännisches Know-How etc.).

Tipp: Wenn du zum Finanzieren deines Lebensunterhalts während deiner Selbstständigkeit auf ALG II angewiesen warst, dann solltest du diese Tatsache nie im Lebenslauf, im Anschreiben oder im Vorstellungsgespräch erwähnen.

Fallbeispiel:

Irmgard, die in ihrer Freizeit leidenschaftlich gern bäckt, hat Biologie studiert. Während ihres Studiums hat sie als Bedienung gejobbt. Gegen Ende ihrer universitären Ausbildung dämmert ihr, dass die Sache mit dem schnellen Berufseinstieg leichter gesagt war als getan. Außerdem findet Irmgard keinen Arbeitgeber, dessen Firmenphilosophie und Konzept sie wirklich beeindruckt. Kurz vor dem Ende ihres Studiums beschließt sie, einen Lieferdienst für fettarme Low-Carb-Pizzen aus Bio-Lebensmitteln zu eröffnen. Auch für Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten soll der Lieferservice Alternativen bieten. Irmgard bekommt bei der Finanzierung ihrer Geschäftsidee zwar etwas Unterstützung von ihren Eltern, doch kommt sie nicht darum herum, ALG II zu beantragen. Erst nach Anmeldung ihrer selbstständigen Tätigkeit bei dem Finanzamt tritt sie bei der Arbeitsagentur in Erscheinung.

Selbst-Check: Bist du ein Mensch, der gern Anweisungen ausführt und kein gutes Gefühl dabei hat, für ein Projekt voll verantwortlich zu sein? Berufliche Selbstständigkeit liegt nicht jeder Person. Wichtig ist in jedem Fall, Ratschläge von Experten anzunehmen und Aufgaben, die man entweder überhaupt nicht mag oder nicht kompetent bearbeiten kann, outzusourcen. Die besten Chancen hast du, wenn du eine lukrative Nische gefunden hast, in der die Konkurrenz überschaubar ist.

Selbstständig ist natürlich auch, wer als Buchautor tätig ist. Wer davon überzeugt ist, in einem speziellen Gebiet einen Expertenstatus zu verdienen, kann sich anhand der Veröffentlichung eigener Werke ein Image als Profi aufbauen. Wenn du dich näher mit dem Thema des Autorwerdens beschäftigen möchtest, solltest du unbedingt unseren Artikel über das Personal Branding lesen.

Fallbeispiel:

Thomas, der Finnougristik studiert, ist extrem begeistert vom Thema Fußball. Als er auch gegen Ende seines Studiums noch keinen Job in Aussicht hat, freundet sich Thomas langsam mit dem Gedanken an, nach dem Hochschulbesuch erst einmal arbeitsuchend zu sein. Er liest auf stellenanzeigen.de den Artikel über die Karrierewirksamkeit des Selfpublishing. Aus der Langeweile heraus beginnt er, ein Buch mit Kommentaren zum aktuellen Fußballgeschehen zu verfassen. Er veröffentlicht das Buch über eine Selfpublishing-Plattform. Zwar wird aus dem Werk kein Beststeller, aber aufgrund seiner Buchveröffentlichung und seines abgeschlossenen Studiums wird Thomas schon nach kurzer Zeit als Volontär in der Sportredaktion eines Internetanbieters eingestellt.

Selbst-Check: Nicht jede Person ist ein geborener Autor. Natürlich werden die eigenen Schreibkompetenzen während eines Studiums trainiert, was aber nicht bedeutet, dass Fachwissen, Schreibstil und Orthografie für ein richtig gutes Buch ausreichen. Das bedeutet in der Praxis: Wenn du vermeiden willst, dass dein Buch eine Lachnummer wird, kommen wahrscheinlich teure Kosten für das Lektorat auf dich zu.

Plan D: Einen Master oder Doktor draufsatteln

Möglicherweise bist du arbeitslos, weil du dich in erster Linie für Positionen interessierst, die vorrangig mit Master-Absolventen besetzt werden? In einem solchen Fall macht es Sinn, noch einen höheren Abschluss zu absolvieren. Am besten nimmst du dies gleich im Anschluss an deinen Bachelor in Angriff, denn zu diesem Zeitpunkt ist dein Wissensstand am höchsten. Einige Jahre später hast du wahrscheinlich schon vieles aus dem Studium vergessen.

Selbst-Check: Man kann sich darüber streiten, ob es sinnvoll ist, eine Phase der Arbeitslosigkeit mit dem Erwerb eines höheren wissenschaftlichen Grads zu überbrücken. Wenn du jedoch sehr viel Spaß am wissenschaftlichen Arbeiten und Freude am Lernen hast und echte Begeisterung für den von dir gewählten Schwerpunkt mitbringst, dann kann das für dich tatsächlich der optimale Weg sein.

Allerdings werden nicht in allen Bereichen Absolventen höherer Hochschulabschlüsse bevorzugt, da diese in der Regel andere Gehaltsvorstellungen haben als Personen mit Bachelor. In solchen Fällen solltest du hinterfragen, ob du das Anforderungsprofil der Stellen, auf die du dich bewirbst, auch wirklich komplett erfüllst. Vielleicht mangelt es dir an bestimmten Hard Skills, die du im Aufbaustudium nicht erlernen wirst. Typische Beispiele dafür sind HTML-Kenntnisse oder das Beherrschen bestimmter Excel-Formeln. Je nach Fall kann für dich also der Erwerb eines entsprechenden Zertifikats ein größerer Karriere-Booster sein als ein höherer akademischer Grad.

Tue, was du liebst, hinterfrage aber auch die kleinen Dinge

Freilich hängt es von vielen Faktoren wie Studiengang, Abschlussnote sowie der Erwerbstätigkeit vor und während des Studiums ab, wie schnell Uni-Absolventen ein Berufseinstieg gelingt. Fällt es sehr schwer, einen adäquaten Job zu finden, sollte man kreativ werden und sich nach Möglichkeiten umsehen, die den eigenen Wert als Bewerber steigern können, sodass sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, eingestellt zu werden. Wie du gesehen hast, gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten, das eigene Engagement für einen Bereich in den Bewerbungsunterlagen hervorzuheben – ob mit der Nennung des fachlich angrenzenden Themas der Abschlussarbeit, der Vorlage relevanter Zertifikate, dem Nachweis über das ehrenamtliche Engagement oder dem Hinweis auf die einschlägigen eigenen Publikationen.

Wichtig ist in jedem Fall, stets ein Ziel vor Augen zu haben und nicht vorschnell zu handeln. Frage dich also erst einmal, wohin du gern willst: Welche Position möchtest du gern bekleiden? Als nächstes solltest du dir die Frage stellen, welcher Weg dazu geeignet ist, dich ohne große Umwege zu deinem Ziel zu bringen. Und schließlich musst du noch für dich beantworten, welche Strategie sich am besten mit deiner Persönlichkeit, deinen Talenten und deinen Idealen vereinbaren lässt.

Natürlich solltest du auf deinem Weg zur Festanstellung auch weniger tiefgründige Baustellen berücksichtigen: Sind deine Online-Profile in sozialen Netzwerken vorzeigbar und auf dem neuesten Stand? Oder findet man, wenn man deinen Namen googelt, peinliche Urlaubsfotos? Vielleicht bringt die Datei, in der du deine Bewerbungsunterlagen verschickst, auch jedes herkömmliche E-Mail-Programm zum Absturz? Trittst du im Vorstellungsgespräch möglicherweise zu großspurig auf? Mit anderen Worten: Auch dann, wenn du dir sicher bist, alles richtig zu machen, kann es dir nicht schaden, in unserer Kategorie Bewerbung zu schmökern!

 

Quelle:

statistik.arbeitsagentur.de

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