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Altersgrenzenregelung als Befristung

15.02.2005

§ 41 Satz 2 SGB VI, § 14 TzBfG

1. Bei einer einzelvertraglich vereinbarten Altersgrenze handelt es sich um eine kalendermäßige Befristung des Arbeitsverhältnisses, die zu ihrer Wirksamkeit eines sachlichen Grundes bedarf. Dieser folgt nicht bereits aus der Regelung in § 41 Abs. 4 Satz 2 a.F. bzw. § 41 Satz 2 SGB VI.
2. Grundsätzlich überwiegt auch bei einer auf das 63. Lebensjahr abstellenden Altersgrenzenvereinbarung das Beendigungsinteresse, wenn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt durch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert ist.


BAG, Urteil vom 19.11.2003 ? 7 AZR 296/03

Problempunkt:
Der am 6.8.1938 geborene Kläger war seit dem 1.9.1989 bei der Beklagten als Mitarbeiter im kaufmännisch-technischen Bereich beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag von 1989 enthielt keine Altersgrenze. Am 23.11.1999 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, wonach sie das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 1.1.2000 zu geänderten Bedingungen fortsetzten. Ziffer 10 ? Beendigung - lautete: ?Das Beschäftigungsverhältnis endet spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 63. Lebensjahr vollendet.?
Die Beklagte berief sich daher auf eine Beendigung zum 31.8.2001 und lehnte eine Weiterbeschäftigung des Klägers ab, der dagegen erfolglos vor dem Arbeitsgericht und LAG Saarbrücken (v. 26.2.2003 - 2 Sa 108/02) klagte.

Entscheidung:
Das BAG stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der vertraglichen Vereinbarung unter Nr. 10 vom 23.11.1999 am 31.8.2001 geendet hat. Die Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG war zulässig aber unbegründet.
Der Kläger konnte sich nicht auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres kraft gesetzlicher Fiktion nach § 41 Abs. 4 Satz 2 a.F. (seit 1.1.2000: § 41 Satz 2) SGB VI berufen, da der Ausnahmetatbestand vorlag: Die Parteien hatten die Vereinbarung innerhalb der letzten 3 Jahre vor dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem der Kläger eine Rente wegen Alters beantragen konnte. Am 31.8.2001, dem für die Berechung maßgeblichen Zeitpunkt, lag die Vereinbarung vom 23.11.1999 weniger als 3 Jahre zurück (BAG v. 17.4.2002 ? 7 AZR 40/01, BB 2002, S. 1865).
Bei der vereinbarten Altersgrenze handelte es sich um eine kalendermäßige Befristung, weil der Beendigungszeitpunkt hinreichend bestimmt war. Allein durch die Möglichkeit einer vorherigen anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z.B. Kündigung, Tod) wurde die vereinbarte Altersgrenze nicht zu einer auflösenden Bedingung (BAG v. 14.8.2002 - 7 AZR 469/01, NZA 2003, S. 158).
Die Altersgrenzenvereinbarung bedurfte zu ihrer Wirksamkeit eines sachlichen Grundes, weil mit der nachträglichen Befristung eines unbefristeten und unter dem KSchG stehenden Arbeitsverhältnisses eine objektive Umgehung des Kündigungsschutzes verbunden war. Der Sachgrund ergibt sich nicht aus § 41 SGB VI. Diese Vorschrift soll nach Wortlaut, Historie und Zweck die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers sichern, entweder Altersruhegeld zu beziehen oder weiter zu arbeiten. Er soll auch erst dann über die Gültigkeit einer vereinbarten Altersgrenze (unter 65) befinden, wenn er deren Auswirkungen richtig beurteilen kann.
Ob eine Altersgrenze, gleich ob 65 (BAG v. 6.8.2003 ? 7 AZR 9/03, NZA 2004, S. 96) oder wie vorliegend 63, sachlich gerechtfertigt ist, entscheidet das BAG unter Abwägung der Interessen: Für eine Fortsetzung stehen das Interesse an wirtschaftlicher Existenzsicherung und beruflicher Selbstverwirklichung des Arbeitnehmers. Für eine Beendigung stehen die wirtschaftliche Absicherung mit Erreichen der Regelaltersgrenze, eine voraussichtlich nur zeitlich begrenzte Fortsetzung sowie insbesondere die Verbesserung der Einstellungs-/Aufstiegschancen anderer Arbeitnehmer und das Interesse des Arbeitgebers an einer sachgerechten sowie berechenbaren Personal-/Nachwuchsplanung. Diesen Interessen gebührt grundsätzlich der Vorrang, wenn der Arbeitnehmer durch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert ist.
Besondere objektive Umstände, die ein Fortbestandsinteresse des Klägers bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres begründen konnten, vermochte dieser nicht vorzubringen. Er war auch nicht diskriminiert, weil die Beklagte 1999 mit allen Arbeitnehmern die gleiche Regelung getroffen hatte (zum Thema neues Antidiskriminierungsrecht s. Beitrag AuA 2/05, S. 82).

Konsequenz:
Entgegen früherer Rechtsprechung (BAG, Urt. v. 20.11.1987 - 2 AZR 284/86, NZA 1988, S. 617) handelt es sich bei Altersgrenzenvereinbarungen nach neuerer Rechtsprechung des BAG seit 2002 um kalendermäßige Befristungen und nicht etwa um auflösende Bedingungen. Um Letztere handelt es sich hingegen bei Regelungen, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endet, in dem der die Erwerbsunfähigkeit feststellende Bescheid eines Rentenversicherungsträgers zugestellt wird (BAG, Urt. v. 3.9.2003 ? 7 AZR 661/02, MDR 2004, S. 580).
Bevor das TzBfG galt ? wie im Fall - war ein Sachgrund erforderlich, wenn mit der Befristung eine objektive Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes verbunden war. Mit dem TzBfG (seit 1.1.2001) hat der Gesetzgeber nunmehr auch solche Befristungen einer Kontrolle nach den Maßstäben des § 14 TzBfG unterworfen, die vorher wegen fehlender Umgehung des Kündigungsschutzes kontrollfrei waren, also auch Kleinbetriebe (BAG, Urt. v. 6.11.2003 - 2 AZR 690/02, AuA 12/03, S. 41). Entsprechendes gilt für auflösende Bedingungen (vgl. § 21 TzBfG).
Praktisch wichtig ist, dass das BAG dem Beendigungsinteresse grundsätzlich den Vorrang einräumt ? selbst bei der Altergrenze 63, wenn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt durch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich gesichert ist. Es ist absehbar, dass das Thema Altersgrenzen mit der Diskussion über die Anhebung der Regelaltersgrenzen (§ 35 SGB VI), verlängerter Lebensarbeitszeit, steigenden Rentenabschlägen (0,3% pro Monat, § 77 SGB VI), Rentenkürzungen etc. angesichts leerer Rentenkassen verstärkt virulent werden wird. Die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung sowie etwaige Aktivitäten des Gesetzgebers sollten besondere Aufmerksamkeit genießen. Auch nach dem geplanten ADG wird man im Hinblick auf § 41 Satz 2 SGB VI sowie die sachgerechte Rechtsprechung davon ausgehen dürfen, dass eine Altersgrenze an sich keine unzulässige Diskriminierung wegen Alters darstellt.

Praxistipp:
Finden auf das Arbeitsverhältnis Altersgrenzen nicht kraft anwendbarer kollektiver und AGB-kontrollfreier Regelungen (z.B. Tarifverträge, § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB) Anwendung, sollten diese arbeitsvertraglich vereinbart werden, wobei die standardisierte Vereinbarung einer AGB-Kontrolle standhalten muss (§§ 305 ff. BGB). Ohne Altersgrenzenvereinbarung bleibt dem Arbeitgeber nur die schwierige und im Zweifel kostenträchtige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag.
Bei einer Altersgrenze vor Vollendung des 65. Lebensjahres kann eine wirksame Vereinbarung nur innerhalb von 3 Jahren vor dem vereinbarten Zeitpunkt des Ausscheidens getroffen werden. Eine Altersgrenzenvereinbarung könnte wie folgt lauten:

Muster
Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in welchem der Arbeitnehmer die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht, z.Z. das 65. Lebensjahr vollendet, es sei denn der Arbeitnehmer kann schon vorher, z.Z. vor Vollendung des 65. Lebensjahres, eine Altersrente beantragen, und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Bezug der vorzeitigen Altersrente wird innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Bezugszeitpunkt von dem Arbeitnehmer bestätigt.

RA Volker Stück
HR Partner IBM Deutschland GmbH, Stuttgart


Quelle: www.arbeit-und-arbeitsrecht.de

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