Optionismus im Trend: Bloß nicht festlegen!
14.09.2001
Sich bloß nicht festlegen ? das ist der große Trend unserer Zeit. Flexibilität und Ungebundenheit in Job und Freizeit sind zu den höchsten Gütern geworden. Im Jargon der Trendforscher heißt das Optionismus und Nomadismus. Alte Werte wie Sesshaftigkeit und Verbindlichkeit werden in die Mottenkiste gepackt. Optionismus bedeutet, ?ich versuche, mir möglichst viele Möglichkeiten offen zu halten?, erklärt Francis Müller vom Trendbüro, einem Hamburger Beratungsunternehmen für gesellschaftlichen Wandel.
Das Erkennungszeichen der Optionisten ist Unverbindlichkeit. Das zeigt sich zum Beispiel in ihrem lockeren Verhältnis zu privaten Terminen. ?Früher verabredete man sich um 20 Uhr an einem bestimmten Ort?, so Trendforscher Müller. Heute ist das nicht mehr nötig. Dank des Handys könne man sich jederzeit in ein Treffen ?einloggen? ? ohne sich vorher durch eine Zusage gebunden zu haben.
Flexibilität ist Trumpf: Hand in Hand mit dem Optionismus geht der Nomadismus ? der aktuelle Trend im Arbeitsleben. Jahrzehntelang am selben Job kleben ? das gibt es nicht mehr. Angestellte werden immer wechselfreudiger und fordern neue Arbeitsphilosophien ein. Zum Beispiel waren nur ein Viertel aller Beschäftigten zum Ende der 90er Jahre noch in ein festes Arbeitszeit-Korsett gezwängt, hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln herausgefunden. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor waren es noch mehr als drei Viertel.
Flexible Wochenarbeitszeiten, Gleitzeit, Jahres- und Lebensarbeitszeitkonten und in der Folge die Möglichkeit zu längeren Auszeiten, so genannten Sabbaticals, kommen dem Wunsch nach mehr Ungebundenheit der Mitarbeiter entgegen. Die Entwicklung ist aber noch lange nicht zu Ende. Ein Blick in die Zukunft: Es wird immer weniger große Firmenkerne geben, in denen feste und langfristige Arbeitsverträge vorherrschen, prognostiziert Matthias Horx vom Zukunftsinstitut in Kelkheim. Denn nicht nur die Mitarbeiter sind heutzutage äußerst wechselfreudig, auch die Lebenszeit von vielen Unternehmen ist von vornherein beschränkt.
Um der Flexibilität Genüge zu tun, werden Unternehmen zunehmend projektorientiert entstehen, erläutert Francis Müller. Und existieren nur so lange, wie das Projekt läuft. Auch in der Freizeit sind die Trends des Nomadismus und Optionismus allgegenwärtig.
In punkto Kleidung zum Beispiel. Nicht nur Hosen, auch Jacken und Shirts müssen ihre Träger heute mit möglichst vielen Taschen beglücken können. Sie bieten Platz für Handys und Pager, um damit das Bedürfnis, immer ?connected? zu sein, befriedigen zu können. Ein klassisches Zeichen des modernen Nomadismus. Ebenso wie Kickboards, die ihren Fahrer schnell von einem Ort zum anderen rollern, und Food zum Mitnehmen ? vom Hersteller ?mobil? verpackt. Eine findige Industrie sorgt so dafür, dass Optionisten und Nomaden stets auf Wanderschaft bleiben können.
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