Hast du bei der Lektüre von Stellenanzeigen auch manchmal das Gefühl, jedes Unternehmen sucht Superwoman bzw. Superman? Und fühlst du dich dann plötzlich ganz klein und vor allem unterqualifiziert? Keine Angst: Stellenanzeigen richtig zu lesen ist eine Kunst für sich. Denn hinter den hochtrabenden Formulierungen verbergen sich oftmals ganz normale Anforderungsprofile. Wer dazu in der Lage ist, zwischen sogenannten Muss-Kriterien und Kann-Anforderungen zu unterscheiden, hat schon einmal viel verstanden.

Aufbau einer Stellenanzeige

Die meisten klassischen Stellenanzeigen, egal ob online oder gedruckt, bestehen aus folgenden Elementen:

  • Titel: Bezeichnung der offenen Position bzw. des Stellengesuchs mit Ortsangabe und Arbeitszeitumfang (Vollzeit, Teilzeit, …)
  • Kurze Vorstellung des Unternehmens
  • Deine neue Rolle (Aufgaben, Tätigkeiten, Verantwortungsbereich)
  • gewünschtes Bewerber-Profil (Qualifikationen, Erfahrungen, Anforderungen)
  • Benefits, Gratifikationen, und in Ausnahmefällen ein Gehaltsrahmen von Seiten des Unternehmens
  • Kontaktdaten, erwünschter Bewerbungsweg bzw. Möglichkeit, sich direkt zu bewerben

Auf Jobsuche? Hier geht es zu den aktuellen Stellenanzeigen.

Mann läuft in Richtung eines neuen Jobangebots
Bildquelle: www.istockphoto.com / Nuthawut Somsuk

Stellenanzeigen richtig lesen

Titel oder Jobposition

In der Stellenausschreibung ist ein „Vision Clearance Engineer“ oder ein „Mystery Fair Visitor“ gesucht? Okay, da wird es schon schwierig mit dem Verständnis. Firmen präsentieren sich in ihren Stellenanzeigen natürlich nach außen, und achten dabei im Idealfall bewusst darauf, welches Bild sie von sich in der Öffentlichkeit zeichnen. Zum einen, weil sie mit einer speziellen Sprache auch ganz gezielt bestimmte Bewerber ansprechen wollen, wie zum Beispiel eher ein junges Publikum oder unkonventionelle Denker. Zum anderen, weil über Stellenanzeigen auch eine allgemeine Präsentation der Firma stattfindet, die nicht zufällig sein sollte.

Ein „Vision Clearance Engineer“ ist übrigens ein Fensterputzer. Als „Mystery Fair Visitor“ wird ein Testbesucher für Messeveranstaltungen bezeichnet.

Lass dich von ungewöhnlichen Jobtiteln nicht gleich abschrecken. Zur Not googelst du einfach kurz, was sich hinter der Bezeichnung verbirgt. Findest du allerdings die Jobbezeichnung schon so doof, dass es dich aufregt, könnte es sein, dass es mit dir und der Firmenkultur des Unternehmens, welches hier Personal sucht, nicht so gut klappen wird.

Mehr zum Thema: Cultural Fit – Wie du erkennst, zu welchem Unternehmen du am besten passt

Unternehmensvorstellung

Im ersten Abschnitt der Stellenausschreibung präsentiert sich das Unternehmen selbst. In wenigen Sätzen wird erklärt, in welcher Branche es unterwegs ist, was zum Kerngeschäft gehört und wie es sich selbst am Markt positioniert.

Naturgemäß möchte sich eine Firma in diesem Text von ihrer Schokoladenseite zeigen. Sie sucht ja schließlich die besten Mitarbeiter, die sie motivieren möchte, sich zu bewerben. Das solltest du im Hinterkopf behalten, wenn du diese Zeilen liest. Neben einigen Fakten zur Größe, zu den Standorten usw. können sich hier auch durchaus kleinere oder größere Übertreibungen finden lassen. Konsumiere den Text also mit einem realistischen Blick. Manchmal wird hier mit sehr viel Eigenwerbung etwas zu dick aufgetragen.

Untermauert das Unternehmen seine Aussagen mit nachprüfbaren Zahlen oder Fakten, dann scheue dich nicht, das zu checken. In den meisten Fällen wirst du im Internet genügend Informationen finden, die dir Aufschluss zur Größe und zur ungefähren Marktposition der Firma geben.

In manchen Stellenanzeigen informieren Unternehmen bereits an dieser Stelle über eine Besonderheit in ihrer Unternehmenskultur, ihrem Hierarchie- oder Führungsverständnis oder zum Beispiel über einen speziellen Wertekanon. Ist das der Fall, solltest du überprüfen, ob das mit deinen Ansichten übereinstimmt. Wird solch eine Information an so prominenter Stelle gebracht, ist sie für die Firma eminent wichtig und du solltest dich mit diesem „Hinweis“ unbedingt identifizieren können.

Aufgabenbereich bzw. Rolle

Jetzt wird es spannend. Welcher Job wird hier geboten? Alle wichtigen Informationen zum Tätigkeitsfeld, das dich erwartet, zu deinen Aufgaben, deinem Verantwortungsbereich usw. findest du in diesem Abschnitt.

Hier gilt: Langsam und sorgfältig lesen! Mache nach jeder Angabe eine Pause, und gehe gedanklich durch, ob du dich in dieser Tätigkeit wiederfindest.

Passen diese Aufgaben zu dir?

Diesem Abschnitt in der Stellenanzeige musst du viel Aufmerksamkeit widmen. Hier wird klar, was du zukünftig tun wirst. Im eigenen Interesse formuliert die Firma diesen Text sehr deutlich, detailliert und genau. Gehe davon aus, dass du es hier nicht mit unrealistischen Übertreibungen zu tun hast, sondern nimm diese Formulierungen für bare Münze.

Sind viele verschiedene Tätigkeiten aufgeführt, so kann es durchaus sein, dass auch etwas dabei ist, mit dem du dich auf den ersten Blick nicht so wohlfühlst. Wäge dann ab, ob die Stelle für dich trotzdem infrage kommt. Du weißt vermutlich noch nicht genau, wie die einzelnen Aufgaben in deinem Arbeitstag später zeitlich gewichtet sein werden. Wenn du eine unliebsame Tätigkeit nur ab und an übernehmen musst, kann das ja durchaus okay für dich sein.

Wichtig: Die Kern-Tätigkeiten, die in der Positionsbeschreibung aufgeführt sind, solltest du auch bereits tatsächlich können.

Frau liest auf Laptop und reißt extrem überrascht die Augen auf
Bildquelle: www.istockphoto.com / AaronAmat

Bewerberprofil: Ausbildung, Qualifikationen, Anforderungen

Im nächsten Abschnitt definiert das Unternehmen, wie es sich seinen idealen Mitarbeiter für die ausgeschriebene Position vorstellt. Wie soll er sein? Was muss er können? Was soll er mitbringen?

Wichtig ist hier, zwischen den beiden kleinen Wörtchen „muss“ und „soll“ zu unterscheiden. Es gibt hier nämlich zwei verschiedene Anforderungsklassen: Muss-Anforderungen und Kann-Kriterien.

Muss-Kriterien in Stellenanzeigen

Muss-Anforderungen in Stellenanzeigen erkennst du an folgenden Formulierungen:

  • „Sie bringen … mit.“
  • „… setzen wir voraus.“
  • „… wird erwartet.“
  • „… unbedingt erforderlich.“
  • „Sie haben …“
  • „Bedingung sind …“

In der Regel handelt es sich dabei um den erforderlichen Ausbildungs- oder Studienabschluss, vorausgesetzte Berufserfahrung, dringend notwendige Fachkenntnisse oder auch Software-Erfahrung. Sprachkenntnisse können in manchen Stellengesuchen auch eine zwingende Voraussetzung für die Bewerbung sein. Das hängt von der Position und dem Aufgabenfeld ab.

Alle in dieser oder ähnlicher Form geforderte Qualifikationen solltest du mitbringen, wenn du die Stelle haben willst. Kannst du hinter jede dieser Anforderungen schon mal gedanklich einen Haken setzen, so hast du gute Chancen mit deiner Bewerbung.

Kann-Kriterien in Stellenanzeigen

Doch oftmals liest sich die Liste der Anforderungen an den Bewerber in einem Stellenangebot sehr, sehr lang. Die Must-haves werden um viele „Nice-to-haves“ ergänzt. Das heißt, es gibt auch jede Menge erwünschte Fähigkeiten, die ein Bewerber mitbringen kann, aber nicht zwingend muss.

Diese Kann-Kriterien erkennst du an folgenden Ausdrücken:

  • „Wünschenswert ist …“
  • „Im Idealfall bringen Sie … mit.“
  • „… ist von Vorteil.“
  • „Gerne auch …“
  • „Bevorzugt werden Bewerber mit …“
  • „Freuen würden wir uns über …“
  • „Hilfreich wäre zudem …“

Die Soft Skills oder Hard Skills, die so umschrieben werden, kannst du quasi als Pluspunkt verstehen: Wer sie mitbringt, ist für das Unternehmen besonders attraktiv. Du kannst dich aber natürlich auch ohne sie bewerben; oftmals finden sich hier auch Formulierung wie beispielsweise „… oder alternativ die Bereitschaft, sich zügig in … einzuarbeiten“. Das signalisiert dir, dass es keine zwingend vorausgesetzten Anforderungen für den neuen Job sind.

Bedenke zudem: Viele Unternehmen sehen Stellenanzeigen wie Schaufenster, in denen sie ihre Firma präsentieren. Wer hier nach besonders qualifiziertem, hochspezialisiertem Personal sucht, suggeriert, nur die Besten könnten dort arbeiten. Du kannst dich aber guten Gewissens auch auf solch eine Stelle bewerben, wenn du bei ein bis drei Kann-Kriterien noch Nachholbedarf hast. Erfüllst du hier ca. 70 Prozent, ist das immer noch eine recht gute Quote.

Keine Angst: Oftmals suchen Unternehmen in ihren Anzeigen eine eierlegende Wollmilchsau, die es so aber gar nicht auf dem Arbeitsmarkt gibt. Der neue Mitarbeiter wird dann zwangsläufig nicht alle geforderten Eigenschaften mitbringen können.

Tipp: Verfügst du über eine oder mehrere Fähigkeiten, die als Kann-Kriterien gekennzeichnet sind, so kommt es gut, wenn du dies bereits direkt im Anschreiben deiner Bewerbung explizit erwähnst. Denn diese Eigenschaft könnte dich besonders positiv von den anderen Mitbewerbern auf die ausgeschriebene Stelle abheben. Mache das am besten gleich im Anschreiben klar.

Superwoman im Büro telefonierend am Schreibtisch
Bildquelle: www.istockphoto.com / Robert Daly

Leistungen des Unternehmens

In diesem Abschnitt legt das Unternehmen dar, was es dir als zukünftigem Mitarbeiter zu bieten hat. Hier kommen vor allem Aspekte wie Benefits, Gratifikationen, ein Dienstwagen, Homeoffice-Möglichkeiten, Urlaubstage, Überstundenregelungen usw. zur Sprache. Eine konkrete Gehaltszahl wirst du kaum finden. Manche Firmen geben jedoch einen Gehaltsrahmen an oder wollen sich hier von der Konkurrenz abheben durch Formulierungen wie „überdurchschnittliche Bezahlung“ oder „Gehalt über Tarif“.

Alles, was hier in Form von sehr konkreten Leistungen steht, sollte auch tatsächlich der Realität entsprechen. Schließlich hast du diese Angaben Schwarz auf Weiß.

Bei allgemeineren, subjektiven bis hin zu blumigen Formulierungen wie „perfekte Work-Life-Balance“ oder „total herzliche Teamatmosphäre“ weißt du allerdings nicht wirklich, was sich dahinter verbirgt. Das kann alles der Realität entsprechen – muss es aber nicht bzw. wird es eventuell von jedem auch unterschiedlich wahrgenommen.

Kontaktmöglichkeit bzw. Bewerbungsweg

Am Ende der Stellenanzeige findest du die Kontaktdaten und Angaben zum gewünschten Bewerbungsprozess. Achte unbedingt darauf, dass du die hier als Kontakt genannte Person namentlich und korrekt im Anschreiben deiner Bewerbung und im Adressfeld nennst. Ebenso solltest du berücksichtigen, welche Form der Bewerbung gewünscht ist, und diese einhalten: per Mail, per Post, oder direkt über eine Firmenhomepage.

Oftmals findet sich in der Online-Stellenanzeige auch direkt ein Button, über den du dich sofort bewerben kannst.

Sonderfall: Die Anzeige, auf die sich niemand bewerben soll

Ab und an stolpert man jedoch auch über Stellenanzeigen, die tatsächlich nach einem Wunderkind zu suchen scheinen: kaum erfüllbare Ansprüche, sehr konkrete Anforderungen, wenig Information zu den Gratifikationen bzw. Unternehmensleistungen. Stopp, das könnte durchaus eine Anzeige sein, die nur noch pro forma geschalten wird: Vor allem im Öffentlichen Dienst ist es in vielen Fällen Pflicht, Stellen öffentlich auszuschreiben, bevor sie besetzt werden, um hier einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Doch oftmals steht bereits intern ein Bewerber fest, der die Stelle bereits so gut wie sicher hat. Sicher feststellen lässt sich das von extern vorab kaum; im schlimmsten Fall hast du dann aber einfach eine Bewerbung für die Tonne verschickt.

Fazit

Die meisten Stellenanzeigen sind nach dem gleichen Schema aufgebaut. Auf der einen Seite preist sich das Unternehmen selbst an, erklärt, was es zu bieten hat, und wie die neue Stelle definiert ist. Auf der anderen Seite legt es dar, welche Qualifikationen und Anforderungen der Bewerber mitbringen bzw. erfüllen sollte. Bei letzterem ist es wichtig, zwischen Muss- und Kann-Kriterien zu unterscheiden. Bringst du alle Muss-Anforderungen mit und hast ca. 70 Prozent der Kann-Anforderungen in petto, so kannst du dich guten Gewissens auf die freie Position bewerben.

Aktuelle Jobs




Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.