Fast jeder dritte Jobsuchende hat sich im Laufe des Bewerbungsprozesses schon einmal diskriminiert gefühlt. (Quelle) Dies kann aufgrund des Geschlechts, Aussehens, Alters oder der Herkunft geschehen. Laut einer im Jahre 2021 in Deutschland durchgeführten Umfrage sind Frauen mit Migrationshintergrund besonders betroffen. Was kann man dagegen tun und wie können solche Benachteiligungen in Zukunft verhindert werden?

Diskriminierung verwehrt Chancen

Dass Nachname und Herkunft definitiv eine Auswirkung darauf haben, ob ein Personaler sich bei dem Bewerbenden meldet oder nicht, zeigt ein Experiment, das vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung durchgeführt wurde. Circa 6.000 fiktive Bewerbungen von Menschen mit verschiedenen Migrationshintergründen wurden von den Forschern im Zuge des Experiments an Ausbildungsbetriebe verschickt. Die Auswertung der Zu- und Absagen bzw. fehlenden Rückmeldungen ergab, dass Bewerber aus Europa und Ostasien fast so viele Rückmeldung erhielten wie Bewerber mit deutschen Namen. Jobsuchende mit albanischem, dominikanischem, marokkanischem, pakistanischem sowie türkischem Hintergrund erhielten insgesamt deutlich weniger positive Rückmeldungen als Deutsche. Menschen aus muslimischen Ländern oder mit afrikanischen Wurzeln wurden am stärksten diskriminiert.

Die getesteten Länder wurden mit Blick auf die Stärke der Migrantengruppe in Deutschland ausgesucht. Insgesamt gab es 34 verschiedene Herkunftsländer der Eltern. Ein Viertel der Bewerbungen war dabei von Deutschen, ein Viertel von Türken. Interessant ist, dass auch eine Art von positiver Diskriminierung festgestellt wurde. So gab es Migrationshintergründe, die deutschen Wurzeln vorgezogen wurden. Besonders beliebt waren Bewerber mit Eltern aus Spanien, Polen, der Schweiz und Japan. 

Diskriminierung in der Bewerbung
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Wann liegt eine Diskriminierung vor?

Eine Benachteiligung ist immer dann gegeben, wenn du aus einem im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Grund schlechter behandelt wirst, obwohl du die gleiche Qualifikation besitzt wie ein anderer. Das AGG soll Arbeitnehmer schützen und greift auch schon im Bewerbungsverfahren. Eine Diskriminierung kann vorliegen, wenn du aufgrund

  • deiner ethnischen Herkunft,
  • deines Geschlechts,
  • deiner sexuellen Orientierung,
  • einer Behinderung 
  • oder deiner Religion

anders behandelt wirst, als deine Mitbewerber. 

Während des Vorstellungsgesprächs darf der Personaler oder die Personalerin keine Fragen stellen, die im Zusammenhang mit diesen Merkmalen stehen. Sollte er oder sie es dennoch tun, hast du das Recht, die Antwort zu verweigern. In manchen Fällen kann eine ungleiche Behandlung allerdings gerechtfertigt sein, zum Beispiel dann, wenn für die Stelle ein muttersprachliches Niveau der deutschen Sprache erforderlich ist oder wenn eine weibliche Lehrkraft für eine Mädchenschule gesucht wird. In diesen Fällen liegt keine unerlaubte Diskriminierung im Sinne des AGG vor. 

Kann man rechtlich gegen Diskriminierung vorgehen?

Solltest du während des Bewerbungsverfahrens tatsächlich Diskriminierung erfahren, kannst du durchaus dagegen vorgehen. Dafür hast du nach dem Erhalt der Absage zwei Monate Zeit. Der erste Schritt ist, dich schriftlich beim Arbeitgeber zu beschweren. Reagiert dieser nicht darauf, kannst du gerichtlich dagegen vorgehen. Hier gilt eine Frist von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung. Im Prozess musst du lediglich die Indizien vorlegen, die auf deine Diskriminierung im Bewerbungsverfahren von Seiten des Unternehmens hinweisen. Das kann beispielsweise die schriftliche Absage oder bereits die Stellenausschreibung sein.

Liegt tatsächlich eine Diskriminierung vor und du kannst deine Rechte geltend machen, erhältst du möglicherweise eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehältern. In besonders schweren Fällen kannst du sogar Schmerzensgeld verlangen.

Diskriminierung bei der Jobsuche
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Künstliche Intelligenz als Lösung gegen Diskriminierung?

Oft passiert Diskriminierung nicht mit Absicht, sondern unterbewusst. Menschen neigen dazu, sich von sogenannten kognitiven Verzerrungen und unbewussten Vorurteilen beeinflussen zu lassen. Auch Recruiter sind da keine Ausnahme. Die Bewertung von Lebenslaufinformationen geschieht nie zu hundert Prozent objektiv. So besteht immer die Gefahr, dass Faktoren wie Alter, Herkunft oder auch das Bewerbungsfoto eine Entscheidung des Personalers beeinflussen. 

Hier kommt die Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. Eine KI ist objektiv und daher unter den richtigen Bedingungen fairer als ein menschlicher Personaler. So macht es durchaus Sinn, im Recruiting in Zukunft eine Vorauswahl von Bewerbern und Bewerberinnen von einem Algorithmus treffen zu lassen, damit es nicht zu vorschnellen Absagen kommt und jeder bei der Jobsuche die gleiche Chancen hat.

Mehr zu dem Thema kannst du hier nachlesen: CV-Parsing: Darauf solltest du als Bewerber achten

Anonyme Bewerbungen

Eine weitere Möglichkeit, schnelle Vorurteile zu vermeiden, ist ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren. Hier werden Bewerbungen ohne Angabe von Alter, Geschlecht oder Herkunft eingereicht. In vielen Ländern ist das bereits längst üblich, und zwar erfolgreich. Vor allem Frauen und Migranten profitieren von der anonymen Bewerbung und werden deutlich häufiger zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.

Fazit

Diskriminierung im Bewerbungsverfahren ist leider immer noch ein großes Problem in Deutschland. Solltest du dich benachteiligt fühlen, kannst du gerichtlich dagegen vorgehen. In Zukunft könnten Künstliche Intelligenz und anonyme Bewerbungen die Lösungen für ein faireres Auswahlverfahren sein.

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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.