
Was Sie als Arbeitgeber über die Urlaubsrückstellung wissen sollten
Bei der Beschäftigung von Mitarbeiter*innen sind verschiedene gesetzliche Regeln einzuhalten. Dazu gehört die Urlaubsrückstellung. Hat ein Arbeitnehmer*in im Laufe eines Geschäftsjahres nicht sämtliche Urlaubstage eingelöst, so entsteht auf dem Arbeitszeitkonto ein Überschuss, zu dem auch Überstunden und Zeiten der Mehrarbeit zählen. Für diesen Überschuss muss eine Rückstellung gebildet werden.
Wofür wird die Urlaubsrückstellung gebildet?
Eine Rückstellung ist generell für eine finanzielle Verpflichtung zu bilden, die im laufenden Geschäftsjahr anfällt, deren Einlösung jedoch in der Zukunft liegt. Das gilt auch für die Urlaubsrückstellung. Besteht zum Ende der Abrechnungszeitraums auf dem Arbeitszeitkonto der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers ein Überschuss, so ist ein Erfüllungsrückstand seitens des Arbeitgebers zu verzeichnen. Die zum Bilanzstichtag bestehenden Verbindlichkeiten müssen in der Schlussbilanz als Rückstellung gebildet werden.
Diese Rückstellung kann als Sicherheitsmaßnahme verstanden werden. Vor allem gilt das für die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer*in das Unternehmen verlässt, ohne den Urlaubsanspruch komplett eingelöst zu haben. Sowohl die Bilanzierung des Anspruchs als auch die Rückstellung stellen sicher, dass das Anrecht des Mitarbeiters nicht verlorengeht, sondern verwirklicht werden kann – entweder durch die Konsumierung der Urlaubstage oder aber durch die monetäre Auszahlung des Anspruchs. Doch es geht nicht nur um eine mögliche Kündigung der Mitarbeitenden. Die Sicherheitsmaßnahme greift ebenso im Fall, dass das Unternehmen Insolvenz anmelden muss.
Vorteile hat die Urlaubsrückstellung nicht nur für Arbeitnehmer*innen, sondern auch für Sie als Arbeitgeber. Ohne den exakten Überblick über die noch offenen Urlaubsansprüche der Mitarbeitenden würden die noch offenen Ansprüche leicht unterschätzt. Im Falle, dass Mitarbeitende sich ihre Urlaubstage auszahlen lassen, entsteht zudem ein finanzieller Aufwand. Auch die Abwesenheit der Mitarbeitenden kann zu Ausgaben führen, etwa durch die notwendige Einstellung von Personal zur Aushilfe.
Die Bilanzierung der Urlaubsverpflichtung sorgt dafür, dass die Ausgaben bereits im Vorfeld berücksichtigt und gesichert werden, sie dient also als ein Instrument zur Planungssicherheit des Unternehmens. Dennoch ist es ratsam, die Urlaubsansprüche der Mitarbeitenden das gesamte Jahr über im Blick zu behalten und Betroffene dazu zu ermuntern, ihren Urlaub zu nehmen. Ansonsten sammeln sich leicht allzu hohe Belastungen zum Ende des Geschäftsjahres an.
Zunächst ist es nötig, die Höhe des Anspruchs genau zu berechnen. Die Art der Berechnung ist sowohl im Handels- als auch im Steuerrecht genau geregelt. Grundlage dafür sind die Preisverhältnisse das abgelaufenen Bilanzzeitraums. Auf Seiten der Handelsbilanz sind eventuelle Änderungen der Gehaltshöhe zu berücksichtigen, sofern sie bei Erstellung der Urlaubsrückstellung bereits absehbar sind. Aufgrund dieser Diskrepanz im Handels- und Steuerrecht können durch die Berechnung latente Steuern zustande kommen.
Ist es gesetzlich vorgeschrieben, eine Urlaubsrückstellung zu bilden?
Ja, es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Bildung einer Urlaubsrückstellung. Urlaubsrückstellungen zählen zu den ungewissen Verbindlichkeiten. Dafür besteht laut Handelsgesetzbuch eine Passivierungspflicht:
- 249 Absatz 1 HGB Passivierungspflicht
Zitat: „Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. […].“
Zudem gilt laut Einkommensteuergesetz bezogen auf die Steuerbilanz der Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Absatz 1 EstG).
Buchung und Höhe der Urlaubsrückstellung
Wie wird die Urlaubsrückstellung gebucht?
In der Buchhaltung lautet der Buchungssatz für die Rückstellung „Aufwandskosten an Rückstellungen“. Auf die Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres wirkt die Rückstellung insofern, dass der Gewinn gemindert wird.
Wie hoch ist die Rückstellung?
Üblicherweise erhalten Mitarbeiter*innen während ihres Urlaubs eine Gehaltszahlung. Die Höhe der Rückstellung entspricht dem Betrag, der dafür angefallen wäre – hätte der Mitarbeiter*in den Urlaub in Anspruch genommen. Laut Handelsrecht umfasst dieser Betrag sowohl das Brutto-Arbeitsentgelt für den entsprechenden Zeitraum als auch die Nebenkosten für das Folgejahr. Eventuelle spätere Gehaltserhöhungen schlagen hier noch nicht zu Buche.

So wird die Urlaubsrückstellung berechnet
Auch wenn es gesetzlich vorgeschrieben ist, die Bilanzierung und Berechnung der Rückstellung durchzuführen, so liegt die Wahl der Methode doch im eigenen Ermessen. Es gibt zwei Arten der Berechnung: die Individualberechnung und die Durchschnittsberechnung. Bei beiden Methoden bleibt eine prognostische Unsicherheit, denn es ist nicht absehbar, ob die Mitarbeitenden den Urlaub als solchen in Anspruch nehmen oder ihn auszahlen lassen werden.
Bei Inanspruchnahme können zusätzliche Kosten durch die Einstellung von Aushilfskräften entstehen. Mitarbeitende sind nicht verpflichtet, sich beim Wechsel des Geschäftsjahres für Auszahlung oder Inanspruchnahme der Urlaubstage zu entscheiden.
Wichtig: Die gewählte Methode muss in der Regel beibehalten werden. Es ist sinnvoll, sie sorgfältig auszusuchen. Sollte sich beispielsweise die Anzahl der Mitarbeiter*innen in absehbarer Zeit erhöhen, so kann die Individualberechnung rasch zu einer zeitlichen Belastung führen.
Die Individualberechnung
Bei der Individualberechnung werden Stundenlohn und Arbeitszeitmodell jedes einzelnen Mitarbeiters als Berechnungsgrundlage erfasst. Die nicht realisierten Urlaubstage werden gemäß des Arbeitszeitmodells in Arbeitsstunden umgerechnet. Anhand des Brutto-Stundenlohns wird der Anspruch ermittelt, der zusätzlich um die anteiligen Lohnnebenkosten ergänzt wird. Diese Methode ist zwar recht exakt, jedoch vor allem für kleine Unternehmen mit wenigen Angestellten geeignet, da sie sehr aufwendig ist.
Die Durchschnittsberechnung
Für Unternehmen mit vielen Mitarbeiter*innen bietet sich die Durchschnittsberechnung an. Dabei werden die Mitarbeitenden in sinnvolle Gruppen unterteilt. Zur Berechnung werden die durchschnittlichen Stundenentgelte sowie die verschiedenen Arbeitszeitmodelle herangezogen. Die Durchschnittsberechnung ist zwar einfacher umzusetzen, birgt jedoch das Risiko für zu hohe oder niedrige Bewertungen – insbesondere bei unterschiedlichen bzw. schwankenden Lohnstrukturen.
Welche Daten werden zur Berechnung der Rückstellung benötigt?
Zur Berechnung der Urlaubsrückstellung werden bei der Individual- und der Durchschnittsberechnung dieselben Daten benötigt. Sie unterscheiden sich jedoch bei der Berechnung für die Steuer- und Handelsbilanz.
Für die Steuerbilanz benötigen Sie das Jahres-Brutto-Entgelt der Mitarbeitenden, Ihren Anteil an der Sozialversicherung (KV, PV, RV, AV), Beiträge zur Berufsgenossenschaft sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Für die Handelsbilanz kommen vermögenswirksame Leistungen, Jubiläumsrückstellungen sowie Zuführungen zu Pensionsrückstellungen hinzu.
Es gibt auch Daten, die in steuerlicher Hinsicht bei der Urlaubsrückstellung nicht berücksichtigt werden dürfen. Sind sie in obigen Punkten enthalten, müssen sie herausgerechnet werden. Konkret handelt es sich um ein 13. und 14. Monatsgehalt, das Weihnachts- und Urlaubsgeld, Pensionsrückstellungen und Leistungen zur Altersvorsorge, Tantiemen und Entgelte für Überstunden sowie sonstige Abzüge.
Was gilt bei Kündigung, langer Krankheit oder Tod?
Verlassen Mitarbeiter*innen zum Wechsel des Geschäftsjahres Ihr Unternehmen, so haben sie Anspruch auf finanzielle Abgeltung bestehender Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr. In diesem Fall entfällt die Urlaubsrückstellung. Eine Auszahlung verbleibender Urlaubstage aus dem laufenden Jahr muss auch vorgenommen werden, wenn die Anzahl verbleibender Arbeitstage geringer ist als die der Urlaubstage, etwa bei fristloser Kündigung.
Generell gibt es jedoch kein Recht auf Urlaubsabgeltung, denn laut Bundesurlaubsgesetz soll der Urlaub der Erholung dienen – und nicht etwa der Anhäufung nicht realisierter Urlaubstage, die dann am Ende des Jahres als monetäre Rechnung präsentiert werden.
Was gilt bei langer Erkrankung? Hier muss zwei Jahre lang eine Urlaubsrückstellung gebildet werden, denn ein Urlaubsanspruch besteht nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts bis zum 31. März des übernächsten Jahres bzw. er verfällt erst zu diesem Termin. In diesem Fall bezieht sich der Urlaubsanspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub. Es kann vertraglich festgelegt werden, dass jene Urlaubstage, die darüber hinaus gewährt werden, bereits am Jahresende verfallen.
Beim Tod eines Mitarbeiters haben die Erben Anspruch auf finanziellen Ausgleich für nicht eingelöste Urlaubstage. Die Erstellung einer weiteren Urlaubsrückstellung entfällt selbstverständlich.
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- Kategorie: Allgemein, Personalführung, Arbeitsrecht
- 25. November 2020
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