Nach der Rechtsprechung des BAG kommen als abmahnungsberechtigte Personen nicht nur die Kündigungsberechtigten selbst, sondern alle Mitarbeiter in Betracht, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung dazu befugt sind, verbindliche Anweisungen bezüglich des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen.

Es kann also nicht nur der Firmeninhaber, das Vorstandsmitglied, der Geschäftsführer, der Bürgermeister oder der Bankdirektor eine wirksame Abmahnung aussprechen. Vielmehr ist z. B. der Chefarzt gegenüber den nachgeordneten Ärzten sowie dem Pflegepersonal abmahnungsberechtigt, obwohl er im Regelfall nicht kündigungsberechtigt ist. Der Fertigungsmeister ist als Vorgesetzter der nachgeordneten Arbeitskräfte diesen gegenüber abmahnungsberechtigt. Der Meister als zuständiger Fachvorgesetzter hat die gleiche Befugnis. Als abmahnungsberechtigte Personen kommen ferner leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sowie Abteilungs-, Personal-, Filial- und Zweigstellenleiter in Betracht. Entscheidend ist stets, dass das Direktionsrecht an die betreffenden Personen aufgrund ihrer Stellung innerhalb der Hierarchie des Betriebes vom kündigungsberechtigten Arbeitgeber delegiert worden ist.

Eine ganz andere Frage ist, inwieweit die Übertragung der Befugnis zur Abmahnung sachlich geboten und zweckmäßig ist. Es ist empfehlenswert, die fragliche Berechtigung eindeutig zu regeln und die danach Abmahnungsberechtigten entsprechend zu instruieren (vgl. das nachstehende Muster).

Die Unterrichtung ist geboten, um Rechtsfehler zu vermeiden. Insbesondere in mittleren und größeren Betrieben ist eine Delegation der Abmahnungsbefugnis durchaus sinnvoll. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass abmahnungsrelevantes Fehlverhalten den kündigungsberechtigten Personen in der Chefetage oftmals nicht oder zu spät zur Kenntnis gelangt.
Der Arbeitgeber sollte vor allem organisatorisch sicherstellen, dass erfolgte Abmahnungen und deren Inhalt der zuständigen Abteilung (Personalabteilung) mitgeteilt werden.

Praktische Konsequenz
Vorgesetzte können zur Abmahnung befugt sein, auch wenn sie nicht kündigungsberechtigt sind. Eine Delegation ist zweckmäßig.

Beispiel für eine Delegation der Abmahnungsbefugnis

Erteilung der Abmahnungsbefugnis
Datum XX.XX.XXXX

Sehr geehrte/r Frau/Herr

aufgrund Ihrer Funktion als Abteilungsleiter / in (Personalleiter / in, Prokurist / in, Meister usw.) sind Sie befugt, die Ihnen nachgeordneten Mitarbeiter / Angestellten / Arbeiter bei entsprechendem Fehlverhalten abzumahnen.

Bitte beachten Sie, dass eine Abmahnung nur dann arbeitsrechtliche Wirkung hat, wenn zwei Kriterien erfüllt sind: Das gerügte Fehlverhalten bzw. die unzureichende Arbeitsleistung muss so konkret wie möglich beschrieben werden; Schlagworte reichen nicht aus.
Außerdem muss dem Arbeitnehmer die Gefährdung seines Arbeitsverhältnisses deutlich gemacht werden. Am besten sollte unmissverständlich eine Kündigung für den Fall angedroht werden, dass er erneut Anlass zu Beanstandungen gibt.

Sie können eine solche Abmahnung auch im Rahmen eines Gesprächs erteilen. In diesem Fall halten Sie bitte den wesentlichen Gesprächsinhalt sofort schriftlich fest und lassen nach Möglichkeit den abgemahnten Arbeitnehmer die Aktennotiz gegenzeichnen.

Zusätzlich bitten wir Sie, uns nach erfolgter Abmahnung unverzüglich zu unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Dieser Text stammt aus:

Die Abmahnung
Klaus Beckerle
Haufe Verlag, 10. Auflage 2009
244 Seiten mit CD-ROM. € 34,80 [D]

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form (generisches Maskulinum), z. B. „der Mitarbeiter“. Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.